Chronik/Niederösterreich

Die Wiederentdeckung der Dunkelheit

Wer im Urlaub schon mal in einer Wüste in Afrika oder im hohen Norden war, wird diesen nächtlichen „Wow-Effekt“ kennen: Ein pechschwarzer Himmel mit einer unglaublichen Anzahl von strahlenden Sternen. Ein himmlisches Erlebnis, das man hierzulande (wie in ganz Europa) aber in den meisten Gebieten vergebens sucht.

Hier leuchten nächtens Straßenlaternen, Schaufenster, Flutlichtanlagen, Scheinwerfer – und stehlen damit dem Sternenhimmel die Show. Weil dieser angesichts des enormen Lichtozeans, in dem große Teile der Welt versinken, kaum mehr in seiner Pracht wahrnehmbar ist.

In der „Earth Night“ ist man am 6. September ab 22 Uhr aufgerufen, das künstliche Licht abzudrehen, um ein Zeichen gegen die Lichtverschmutzung zu setzen. Die Aktion ist ein Initiative von „Paten der Nacht“ – einer in Deutschland ansässigen, gemeinnützigen Organisation, die sich in Deutschland und Österreich für den Schutz der Nacht und die Eindämmung der Lichtverschmutzung durch Aufklärungsarbeit einsetzt. www.earth-night.info

Appell der Sternwarten

Mit dabei sind heuer erstmals auch die niederösterreichischen Volkssternwarten, die bei ihren Himmelsbeobachtungen mit dem Phänomen zu kämpfen haben. Wie etwa die NÖ-Landessternwarte in Michelbach (Bezirk St. Pölten), die sich zwar in einem sehr dunklen Gebiet befindet, aber „der Himmel ist durch die Großstadt spürbar aufgehellt, obwohl wir 60 Kilometer von Wien entfernt sind“, sagt Obmann Gerhard Kermer über die Auswirkungen.

AZM – Astronomisches Zentrum Martinsberg, Oed 30, 3664 Martinsberg

https://azm-sternwarte-orion.at

 Astronomische Gesellschaft Leitzersdorf (A-G-L), 2003 Leitzersdorf

https://www.agl.or.at

 Astrostation Hochbärneck, 3283 St. Anton an der Jeßnitz

https://astrostation.at

 Franz-Kroller Sternwarte, 2514 Traiskirchen

https://www.sternwarte-traiskirchen.org/

 Leiser Berge Sternwarte Weinviertel, 2136 Laa an der Thaya

https://www.leiserbergesternwarte.at

Naturpark Sparbach, 2393 Sparbach / ANTARES Nö Amateurastronomen

Anmeldung erforderlich

https://www.naturpark-sparbach.at

 WALDVIERTLER ASTRONOMISCHE GESELLSCHAFT 3950 Gmünd

Volkssternwarte Höhenberg

http://www.sternwarte-hoehenberg.at

NOE VOLKSSTERNWARTE 3074 MICHELBACH, 3074 Michelbach Dorf 62

https://www.noe-sternwarte.at

Wir haben den Sternenhimmel verloren. Es geht aber vorrangig bei der Earth Night nicht um die Bedingungen für Astronomen und Sternengucker. „Eine dunkle Nacht ist Lebensqualität“, betont Kermer. Leuchtet Kunstlicht ins Schlafzimmer ist das nicht nur lästig, der Wach-/Schlafrhythmus sowie die Bildung des Hormons Melatonin werden gestört. Je bläulicher das Licht, desto negativer. Und da kann schon schwache Beleuchtung reichen.

Dass Motten ins Licht fliegen, ist sprichwörtlich. Aber sehr viele Insekten sind nachtaktiv, werden von den künstlichen Sonnen angelockt und umkreisen sie oft bis zur tödlichen Erschöpfung. Alleine an Deutschlands Straßenlaternen sterben während eines Sommers 100 Milliarden Insekten. Aber auch Fledermäuse, Zugvögel und auch Pflanzen sind von der Lichtverschmutzung negativ betroffen.

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Licht optimieren

„Es geht nicht darum, das Licht in der Nacht komplett abzudrehen, aber man kann einiges verbessern“, betont Kermer. So ist es etwa nicht notwendig, dass eine Laterne ihr Licht in alle Richtungen schleudert. „Ideal ist, wenn das Licht nur nach unten gerichtet ist“, so Kermer. 

Auch die Lichttemperatur ist ein Thema. Je höher diese ist, desto höher ist der schädliche (und für Insekten lockende) Blauanteil. Und schließlich muss man sich in vielen Fällen auch fragen, ob eine Beleuchtung überall notwendig ist. Bei der Donaubrücke in Krems wurde diese etwa reduziert und die Farbtemperatur der Beleuchtung auf der S5 angepasst. „Licht ist notwendig, aber es geht um einen bewussten und sinnvollen Umgang“, betont Kermer. 

Zeichen setzen

Vielerorts wird in der Earth Night das Licht ausgehen. In Niederösterreich etwa bei allen 40 Betrieben der NÖKU-Gruppe (Niederösterreichische Kulturwirtschaft) wie Grafenegg, Landesgalerie Krems, Museum NÖ, Festspielhaus St. Pölten, Landestheater und Bühne Baden.  „Wir werden auch beim Klangturm im Regierungsviertel alle Lichter abschalten und damit ein sichtbares und deutliches Signal gegen die Lichtverschmutzung setzen“, so Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.

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In Wien wird als Zeichen für die Unterstützung der Earth Night am Freitag ab 22 Uhr die Effektbeleuchtung der Donaukanalbrücken abgeschaltet. Man arbeite auch laufend an der Reduktion der Lichtverschmutzung – etwa durch die Umrüstung der öffentlichen Beleuchtung auf Full-Cut-Off-Leuchten.

Dunkelheit erleben

Außerdem laden Naturparks in ganz Österreich zur „Langen Nacht“, um die faszinierende nächtliche Tier- und Pflanzenwelt zu erleben. „Die Zunahme von künstlichem Licht in der Nacht hat dazu geführt, dass der faszinierende Sternenhimmel nur noch an wenigen Orten zu bewundern ist – mit gravierenden Folgen für Fauna und Flora“, warnt Julia Friedlmayer, Geschäftsführerin des Verbandes der Naturparke Österreichs. Info zum Programm unter www.naturparke.at

Dunkle Tipps

Mit dabei ist auch die Umweltberatung. „Je weniger Beleuchtung in der Nacht, desto besser ist das für Tier und Mensch“, appelliert Gartenexpertin Melanie Frauendienst. Man gibt auch Tipps, wie man die Lichtverschmutzung reduzieren kann – nicht nur in der Earth Night: www.umweltberatung.at/ lichtverschmutzung