Dicke Luft um geplantes Tabakgesetz
Von Matthias Hofer
Er brauchte nicht einmal die möglichen 140 Zeichen, um via Kurznachrichtendienst Twitter die Raucherdebatte österreichweit wieder voll anzufachen. In einem privaten Tweet stellte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) klar, dass er gegen die derzeitige Nichtraucherregelung in Lokalen ist. So knapp vor der Wirtschaftskammerwahl – kommende Woche wird gewählt – haben die Funktionäre keine Freude mit den Ansichten des Wirtschaftsministers. Vertreter aus Niederösterreich hauen jetzt auf den Tisch. Sonja Zwazl (ÖVP), immerhin amtierende Präsidentin des Bundesrates, stellt klar, sie werde in der Länderkammer des Parlaments sicher gegen ein generelles Rauchverbot in Lokalen stimmen.
"Das Maß ist voll", sagt Mario Pulker, Gastro-Obmann in der WKNÖ. Zuerst eine Reduktion der Promille-Grenze von 0,8 auf 0,5, dann die Allergen-Verordnung und jetzt womöglich ein generelles Rauchverbot in Lokalen – nicht mit den nö. Wirten. "Die Masse unserer Betriebe ist kleinstrukturiert und lebt dezidiert von den Rauchern." Ein generelles Rauchverbot würde zehn Prozent der nö. Gastro-Betriebe zum Zusperren drängen, sagt Pulker, der in der Wachau selbst einen gänzlich rauchfreien Betrieb führt. "Wir als Fachgruppe haben uns bereits rechtlich beraten lassen. Wenn ein Gesetz zum generellen Rauchverbot kommt, werden wir sicher dagegen klagen."
Prävention
"Ich orte eine gewisse Hysterie in der Bevölkerung. Eine Zigarette ist bitteschön kein Hasch, sondern erlaubtes Genussmittel", sagt Sonja Zwazl, die neben dem Vorsitz im Bundesrat auch die WKNÖ und den nö. Wirtschaftsbund als Chefin führt. "Ich bin irritiert, dass bei der Raucher-Prävention plötzlich die Wirte so in der Ziehung sind. Denn sie sind es sicher nicht, die 14-Jährigen eine Zigarette anzünden. Warum gibt's die Diskussion um ein Rauchverbot nicht bei Vereinshäusern? Bei Feuerwehrfesten? Von dort habe ich noch kein Bekenntnis zum Nichtraucherschutz gehört."
Ohne vernünftige Übergangsfristen – "zehn Jahre" – will Zwazl nicht über eine Änderung der Nichtraucher-Reglung in Lokalen diskutieren. Auch vom Finanzminister in Aussicht gestellte Möglichkeiten, Investitionen zur Trennung in Raucher- und Nichtraucherbereich steuerlich abzuschreiben, lösen keine Beifallsstürme aus. Pulker: "Wenn ich Baumaßnahmen abschreiben will, brauche ich sicher keinen Minister dafür." Kompromisse in Sachen Arbeitnehmerschutz sind aber denkbar. Zwazl und Pulker sind etwa für "bedienungsfreie Gasträume" zu haben, in denen geraucht werden darf, aber Gäste sich Getränke selbst holen müssen. Gastro-Mitarbeiter könnten sich aber auch schon jetzt entscheiden, ob sie in Raucherbereichen arbeiten wollen.
Zwazl will nach der Wahl weiter diskutieren. Zum Mitterlehner-Tweet meint sie augenzwinkernd: "Nicht immer wenn sich ein Minister was wünscht, wird es gleich umgesetzt."
Rauchen: 15.000 Anzeigen in vier Jahren sind wohl Beweis genug, dass derzeitige Regelung nicht funktioniert. Schönreden sinnlos RM." Das twitterte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner vergangenen Dienstag. Neben der generellen Haltung des Ministers sorgt auch die Zahl der Anzeigen für Diskussion unter Branchenvertretern.
Für Mario Pulker, Obmann der Sparte Gastronomie der WKNÖ, ist die kolportierte Anzahl "totaler Blödsinn". Habe doch einer der radikalen "Rauchersheriffs" angegeben, er selbst habe 7000 Anzeigen und gemeinsam mit seinen Mitstreitern gar 19.700 Anzeigen eingebracht. "Über 50 Prozent dieser Anzeigen sind nie geahndet worden", sagt Pulker. "Die wurden zurückgelegt, weil sie nicht nachvollziehbar waren." Teilweise seien Anzeigen gelegt worden, weil die Kennzeichnung von Nichtraucherlokalen am Eingang schlecht ersichtlich waren. "Daraus zu schlussfolgern, dass die Regelung nicht funktioniert, ist Blödsinn."
Pulker verweist erneut auf den Nachbarn Deutschland, wo es nur in drei Bundesländern Rauchverbot in Lokalen gebe. Die WKNÖ ist für die Beibehaltung des aktuellen Tabakgesetzes mit Raucher- und Nichtraucher-Bereichen. Bei einer Umfrage unter 5000 Gastronomen hätten sich auch 70 Prozent dafür ausgesprochen.