Chronik/Niederösterreich

St. Pölten: Der lange Schatten des Zinsgeschäfts

Seit der KURIER öffentlich gemacht hat, dass in St. Pölten die Korruptionsermittler umgehen, ist Feuer am Rathausdach. Wie berichtet, hat ein Jahre zurückliegendes Finanzgeschäft der Landeshauptstadt die Korruptionswächter auf den Plan gerufen. Jetzt gibt es Details der Untersuchung: Geprüft wird etwa der Vorwurf, der Finanzausschuss der Stadt sei gezielt umgangen worden.

"Wir führen ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Beschuldigte wegen des Verdachts der Untreue unter Ausnützung einer Amtsstellung in Zusammenhang mit Swap-Geschäften der Stadt St. Pölten", bestätigt Oberstaatsanwalt René Ruprecht dem KURIER. Rathauskreise bestätigen, dass Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) als Beschuldigter geführt wird, ebenso wie ein ehemals hochrangiges Mitglied der Stadtfinanzverwaltung.

Ruprecht: "Konkret prüfen wir den Vorwurf, ob die Beschuldigten im Zeitraum von 2005 bis Ende 2007 diverse Zinsswap- und Devisenoptionsgeschäfte in Umgehung der Vorgaben und unter Vorenthalt von wesentlichen Informationen an den Finanzausschuss abgeschlossen haben." Die Stadt St. Pölten soll dadurch um mehr als fünf Millionen Euro geschädigt worden sein. Der genaue Betrag müsse noch im Detail erhoben werden.

Die Vorwürfe wiegen jedenfalls schwer: Bei Untreue in dieser Schadenshöhe drohen bis zu zehn Jahre Haft, Amtsmissbrauch ist mit bis zu 20 Jahren bedroht.

Akteneinsicht

Korruptionsfahnder waren wiederholt im Rathaus. Unterlagen sollen beschlagnahmt worden sein. Die Hausdurchsuchung war am Montagabend auch Thema im Gemeinderat – im nicht öffentlichen Teil der Sitzung. Insider berichten, dass Stadler bei eben diesen Beratungen gefehlt haben soll. Stadlers Stellvertreter Franz Gunacker führte den Vorsitz, als der Gemeinderat beschloss, die Stadt solle sich einem eventuellen Strafverfahren als Privatbeteiligter anschließen. Vor allem deshalb, um im Verfahren Akteneinsicht zu bekommen. Auch ein Anwalt soll bereits engagiert worden sein.

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Im Rathaus selbst wollte man auf KURIER-Fragen keine Antworten geben. Betont wurde, dass die Stadt bei der Staatsanwaltschaft ihre Interessen vertreten werde und sich von der Aktenlage ein Bild machen wolle. Nachsatz: Für persönliche Fragen an den Bürgermeister solle man sich direkt an ihn wenden. Bisher war dies nicht möglich.