"Das ist neue Taktik": Schubhaft in Anwesenheit der Anwälte
Von Lisa Rieger
Payman Qalandari sitzt seit 9. Jänner in Wien in Schubhaft. Am 16. Februar soll er nach Afghanistan abgeschoben werden. Schockiert vom Vorgehen der Behörden ist seine Rechtsanwältin Vera M. Weld.
„Wir waren einer ganz normalen Ladung gefolgt, wo es nur darum ging, Dokumente wie die eCard herzuzeigen. Und dann wurde er vor meinen Augen plötzlich von zwei Männern mitgenommen und in Schubhaft gebracht. Es ging eigentlich um sein humanitäres Bleiberecht. Eine Abschiebung stand nicht im Raum“, sagt die Rechtsanwältin. Weld ist überzeugt: „Das ist die neue Taktik, dass man sich die mit Anwälten krallt.“ Sie werde sich bei der Rechtsanwaltskammer beschweren.
Beschwerde gewonnen
Auch Rechtsanwalt Florian Höllwarth berichtet von ähnlichen Erfahrungen. Zwei seiner Klienten seien in den vergangenen zwei Monaten in seiner Anwesenheit bei Behörden-Terminen in Schubhaft genommen worden. „Es ist Standard mittlerweile, dass die Menschen noch während eines offenen Asylverfahrens abgeschoben werden“, sagt er.
Seine Vermutung: „Es ist letztendlich eine Frage der Politik. Viele können sich einen Anwalt nicht leisten bzw. nicht bis zum Verwaltungsgerichtshof zu gehen. So wird spekuliert, dass nicht weiter am Rechtsweg verhandelt wird und die Menschen ohnehin aufgeben.“
Rechtsanwältin Astrid Wagner hat ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass ihr Klient bei einem herkömmlichen Termin in Schubhaft genommen und dann abgeschoben wurde. Sie hat die Schubhaftbeschwerde dann gewonnen – „das war aber Monate später“, erzählt sie.
Verfahren beschleunigen
Höllwarth plädiert dafür, die Asylverfahren zu beschleunigen: „Dann könnten die Rechtsmittel bis zur letzten Instanz ausgeschöpft werden. Wenn dann das Gericht beschließt, dass der Aufenthalt ungerechtfertigt ist, kann abgeschoben werden, aber nicht mitten in einem laufenden Verfahren.“
Günther Ecker vom Verein Menschenrechte, der Schubhäftlinge betreut, sagt: „Die Praxis der Festnahme bei Terminen am Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) kommt vor. Vielleicht hat man bisher Abstand davon genommen, dies in Anwesenheit von Anwälten zu tun.“ Es könne stets eine Schubhaftbeschwerde eingereicht werden. Das Bundesverwaltungsgericht prüfe dann „streng und genau“, ob die Begründung der Behörde rechtmäßig ist.
Vom Innenministerium heißt es: „Sollte jemand seiner Ausreiseverpflichtung nicht freiwillig nachkommen, stehen dem BFA verschiedene Instrumente zur Verfügung. Eines davon ist die Schubhaft. Diese ist nicht Selbstzweck, sondern ein Mittel zur Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Entscheidung.“