Chronik/Niederösterreich

Betreuung: Wenn das System versagt

Florian Winterleitner (10) aus Neulengbach, NÖ, ist Autist. Er leidet am Asperger-Syndrom – ist durchschnittlich intelligent, aber tut sich im sozialen Umfeld schwer.

Florian hat ein Faible für Technik. Ohne Anleitung baut er aus Holzbrettern ein Vogelhaus oder aus Plastikmüll Laternen. Dafür hat Florian momentan auch viel Zeit. Denn seit Dezember geht der 10-Jährige nicht mehr zur Schule. Wieder ist es dort zu einem Eklat gekommen, Rettung und Polizei mussten einschreiten. "Es geht nicht mehr", sagen seine Eltern. "Die Betreuungssituation passt nicht." Auch die zuständige Bildungsmanagerin sagt: "Es war kein Unterricht mehr möglich." Florian sei oft aggressiv gewesen.

Nicht zum ersten Mal funktioniert Florians Betreuung in der Schule nicht. Lange wurde zwischen den zuständigen Gemeinden gestritten, wer eine Stützkraft für den Buben bezahlt (der KURIER berichtete). Schlussendlich übernahm die Schulwartin diese Aufgabe. Statt vier Stunden war der 10-Jährige nur zwei Stunden pro Tag in der Schule. "Wenn er Pech hatte, waren das Zeichnen und Musik und keine Hauptfächer", sagt Florians Vater Ernst. Die Eltern fürchten, dass er nicht einmal das Notwendigste lernt. "Und wenn er keine Schulbildung hat, wird er nur schwer einen Beruf erlernen können." Die Eltern hoffen jetzt auf einen Hauslehrer für Florian. Doch das geht laut Andrea Richter, Leiterin der Schulpsychologie im nö. Landesschulrat, nur durch eine Krankmeldung des Buben.

Keine Spezialbetreuung

Das wollen die Eltern aber nicht – sie haben Angst, dass die Krankmeldung irgendwann auf ihren Sohn zurückfallen könnte. Laut der zuständigen Bildungsmanagerin Renate Rosskopf wäre die Krankmeldung nur vorübergehend: "Bis Ostern, dann könnte man Florian in die Schule reintegrieren."

Die Situation von Florian Winterleitner zeigt, wie schwierig die Betreuung autistischer Schüler in Niederösterreich ist. Es gibt Beratung, aber keine spezielle Betreuung. "Das System hat seine Grenzen", sagt auch Schulpsychologin Andrea Richter: "Es können keine zusätzlichen Lehrer abgestellt werden, weil es zu wenige Lehrer gibt. Kleinere Schulen und kleinere Klassen gehen auf Kosten anderer Dinge."

Autistische Kinder besuchen also die örtliche Schule oder die Sonderschule. Sammelklassen mit Spezialbetreuung gibt es – im Gegensatz zu Wien – nicht. Der Weg in die Autistenschule nach Wien wäre für viele Eltern zu lang, für die Kinder unzumutbar.

Im Falle des 10-jährigen Florian bleibt den Eltern also nur, sich mit der Schule zu verständigen. "Es ist ein schwieriger Balanceakt, aber man muss ihn gemeinsam bewältigen", sagt Richter.