Chronik/Niederösterreich

Atommüll-Endlager: Standort-Untersuchungen genehmigt

Eine nukleare Bedrohung nahe der tschechischen Grenze zu Niederösterreich hat eine neue Ebene erreicht: Das tschechische Umweltministerium erteilt bis Jahresende Genehmigungen für Oberflächen-Untersuchungen, um insgesamt sieben mögliche Standorte für das Endlagern von Atommüll – auch im Nahbereich des Wald- und Weinviertels – zu prüfen. Diese Angaben von der Umweltorganisation "Global 2000" werden vom österreichischen Umweltministerium bestätigt. Bis zum Jahr 2025 will sich die tschechische Atommüllagentur "Surao" auf einen Standort festlegen.

Brennstäbe

Seit bekannt ist, dass für das Endlagern von hochradioaktiven Brennstäben auch Standorte infrage kommen, die nur wenige Kilometer von Laa an der Thaya, Bezirk Mistelbach, oder Litschau, Bezirk Gmünd, entfernt liegen, ist die Aufregung im Wald- und Weinviertel groß.

"Die Sorgen sind berechtigt. Immerhin geht es in erster Linie um unser Trinkwasser, das in Gefahr ist", sagt Rainer Hirschmann, Bürgermeister in Litschau. Er klagt darüber, dass es derzeit nur vage Informationen zu den Plänen der Tschechen gibt. "Deshalb ist die Angst in der Bevölkerung groß", betont Hirschmann. Mit der Meinung ist er nicht allein.

Schon mehr als 20 Gemeinden im nördlichen Niederösterreich haben bereits Protest-Resolutionen gegen die Endlager-Pläne einstimmig beschlossen.

Bewilligungen

Trotzdem wurden erste Oberflächen-Untersuchungen an potenziellen Standorten – wie etwa in Kraví hora, 80 Kilometer nördlich von Laa, und Čihadlo, 30 Kilometer von Litschau entfernt, genehmigt. Ab 2060 soll an einem ausgewählten Standort eine "versiegelte Endlagerung" von Atommüll in bis zu 500 Metern Tiefe möglich sein.

Aus Sicht von Patricia Lorenz, Anti-Atom-Sprecherin bei Global 2000, ist das unverantwortlich. "Die größten Gefahren liegen darin, dass beim Umladen hochradioaktive Dämpfe freigesetzt werden und durch undichte Fässer verseuchte Flüssigkeiten ins Grundwasser gelangen könnten", sagt Lorenz.

Bedenken

Auch das Land NÖ hat seine Bedenken angemeldet. "Da es in Europa noch kein Endlager gibt, fehlen Erfahrungswerte. Man weiß allerdings, dass die Abfallbehälter mindestens 500.000 Jahre dicht sein müssen, damit sie keine Gefahr für die Umwelt sind", betont Peter Allen, Anti-Atom-Beauftragter des Landes. Da die Gebirgsbildung noch nicht abgeschlossen sei, gebe es auch keine Garantie für eine sichere Tiefenlagerung. Der Standpunkt Niederösterreichs sei klar: "Atomstrom vermeiden, Alternativenergie ausbauen."

"Derzeit gibt es keine klaren Informationen aus Tschechien. Wenn es aber zu Probebohrungen kommen sollte, fordern wir grenzüberschreitende Umweltprüfungen", sagt Landesrat Stephan Pernkopf. Fest steht: Sowohl das Land als auch das österreichische Umweltministerium lehnen ein Atommüll-Endlager nahe der niederösterreichischen Grenze ab.