AMS-Erhebungsdienst nimmt nun Jobverweigerer unter die Lupe
Von Martin Gebhart
Ein Arbeitsloser, der von einem Unternehmer mit einem Stempel nur bestätigt haben will, dass er um eine freie Stelle nachgefragt hat, aber an einer Arbeit nicht wirklich interessiert ist. Ein Notstandshilfebezieher, der sich mit Schwarzarbeit sein Haushaltsgeld aufbessert. Es sind solche Fälle, die in den vielen Debatten um die Arbeitslosigkeit immer wieder auftauchen. Nicht zu Unrecht – immerhin sperrte das Arbeitsmarktservice ( AMS) im Vorjahr in Österreich 111.451-mal Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe.
Das AMS in Niederösterreich prescht jetzt vor und will diesen Bereich noch ab September konsequenter unter die Lupe nehmen. Dazu werden vorerst drei Mitarbeiter einen Erhebungsdienst aufbauen. Für Sven Hergovich, den designierten Landesgeschäftsführer des AMS, geht es um Fairness: „Der Bedarf an Fachkräften ist in Niederösterreich hoch und wird nicht abreißen. Unsere Aufgabe ist es, den Unternehmen möglichst rasch und mit Nachdruck die passenden Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. Wenn Jobsuchende passende Schulungs- oder zumutbare Stellenangebote nicht annehmen wollen oder vereiteln, müssen sie mit Konsequenzen rechnen. Konkret mit dem Sperren des Arbeitslosengeldes oder des Notstandshilfebezugs.“
Aufgabe des neu geschaffenen Erhebungsdienstes wird es sein, Vorort-Recherchen durchzuführen, potenzielle Arbeitgeber als Zeugen zu befragen und Wohnsitze von Arbeitslosen zu überprüfen. Denn neben der Vereitelung und Verweigerung von Arbeitsangeboten stehen auch noch die Themen „Scheinwohnsitze“ und „Schwarzarbeit“ im Visier der Erhebungsmitarbeiter. Konkret wird Verdachtsmomenten von AMS-Beratern sowie verschiedenen Anzeigen nachgegangen.
Komplexe Verfahren
„Unsere Aufgabe ist es, dem gesetzlichen Vermittlungsauftrag nachzukommen und dem unrechtmäßigen Bezug von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, indem falsche Angaben gemacht werden, einen Riegel vorzuschieben“, sagt Hergovich. Er ist überzeugt, dass es auch Fälle geben wird, wo die Recherchen zu dem Schluss führen, dass jemand zu Unrecht beschuldigt worden ist.
Der Erhebungsdienst wird auch im Hinblick auf die Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht hilfreich sein. Dieser Beschwerdeweg wird immer häufiger von jenen Arbeitslosen gewählt, denen per Bescheid vom AMS das Arbeitslosengeld gestrichten worden ist. Hergovich: „Wir erkennen, dass die Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht immer komplexer werden. Hier braucht es von unserer Seite hieb- und stichfeste Beweise, die wir nur vor Ort erheben können, um richtige Entscheidungen zu treffen.“ Es gehe um glasklare Entscheidungen im Sinne des Gesetzgebers und der Versichertengemeinschaft, unterstreicht Hergovic, derzeit noch Vize-Landesgeschäftsführer.
Für den Erhebungsdienst wird es kein zusätzliches Personal geben; diese Aufgaben werden von AMS-Mitarbeitern übernommen. Am Anfang sind das drei Personen, bei Bedarf kann das Team ausgebaut werden. Die aktuelle Aktenlage in Niederösterreich zeigt übrigens, dass bei der Überprüfung von Scheinwohnsitzen der größte Handlungsbedarf besteht. Knapp dahinter rangiert das Verweigern und Vereiteln einer Arbeitsaufnahme.
Arbeitslosigkeit sinkt, Zahl der Bezugssperren ist im Steigen
Die gute Konjunktur sorgt für einen dynamischen Arbeitsmarkt. Allein in Niederösterreich wurden heuer bis Ende Mai von den 22 AMS-Geschäftsstellen rund 281.000 Vermittlungsvorschläge an Jobsuchende ausgehändigt. 46.400 Personen ist der Wiedereinstieg in das Erwerbsleben gelungen.
Das wachsende Angebot am Arbeitsmarkt verstärkt den Druck auf jene Arbeitslosen, die Angebote verweigern oder vereiteln. Im Vorjahr waren es rund 3500 Personen, denen deswegen das Arbeitslosengeld oder die Notstandshilfe gesperrt worden war. Heuer sind es mit Ende Mai bereits 2532, die per Bescheid dieses Schicksal ereilt hat. Arbeitslos gemeldet waren in NÖ mit Ende Mai insgesamt 46.578 Personen. Um 12,7 Prozent weniger als im Vorjahr.
In ganz
Österreich waren mit Ende Mai 286.147 Personen arbeitslos. Das sind um zehn Prozent weniger als im Vorjahr zu dieser Zeit. Zählt man die Schulungsteilnehmer dazu, waren es 359.561 Personen – um 8,9 Prozent weniger als im Vorjahr. Am stärksten zurückgegangen ist die Arbeitslosigkeit in Tirol (minus 16,5 Prozent), am wenigsten in Vorarlberg (minus 4,9 Prozent).