Chronik

Letzter "Streif-Zug" für Rennleiter

Als am Freitag um 11.30 Uhr am Hahnenkamm in Kitzbühel das Startsignal zum Super-G ertönte, kam bei Peter Obernauer ein wenig Wehmut auf. Es wird das letzte Hahnenkamm-Wochenende sein, das der 70-Jährige als Rennleiter begleitet. "Mir tut schon ein bissl das Herz weh. Das Rennen ist ja wie mein Kind", erzählt er im KURIER-Gespräch.

Heuer feiert das Hahnenkamm-Rennen 75. Jubiläum – der perfekte Zeitpunkt, den Weg freizumachen, sagt Obernauer. Der 46-jährige Extrem-Skifahrer Axel Naglich folgt ihm nach. Ganz wird er seinen Skianzug aber nicht an den Nagel hängen: Obernauer bleibt im österreichischen Weltcup-Komitee. "Ich werde weiterhin auf den Pisten dieser Welt unterwegs sein. Das liegt mir einfach im Blut", sagt er.

Acht Jahre lang war der gebürtige Kitzbüheler Rennleiter, seit 1977 war er für die Präparierungsarbeiten auf den Rennpisten verantwortlich. "Ich habe sie von Jahr zu Jahr verbessert und heuer kann ich sagen: Es wird das beste Rennen aller Zeiten", ist Obernauer stolz.

Mit 70 noch auf der Streif

Er muss es wissen, schließlich hat er die Streif mehrmals persönlich getestet – mehr Spaß als Pflicht, wie er zugibt. "Wenn ich oben am Start stehe, ist die Verlockung einfach zu groß. Es ist eine Riesengaudi, sich da runterzuhauen." Mit seinen 70 Jahren stehe er noch gut am Ski. Die Streif-Abfahrt schaffe er in drei Minuten.

Aus Obernauer, der in jungen Jahren im Junioren-Kader fuhr, hätte ein Profi-Rennfahrer werden können, aber ein schwerer Unfall auf der Streif 1963 ließ seinen Traum platzen: Der damals 19-Jährige kam von der Piste ab. Beim Sturz in einen Wald brach er sich den Knöchel und riss sich die Bänder. "Ich hätte später wieder einsteigen können, aber da hätte ich keine Chance mehr gehabt, bei den Großen mitzuspielen."

Mut & ein großer Vogel

Stattdessen machte er eine Trainerausbildung und bildete in den 1970er-Jahren u.a. Hansi Hinterseer und Hans Enn aus – die späteren Legenden von Kitz. Das Rennen habe sich im Laufe der Jahrzehnte immer mehr vom österreichischen Sportereignis zum weltweit bekannten High-Society-Event entwickelt. Man möchte meinen, "die gute Seele vom Hahnenkamm" sei da mittendrin, aber Obernauer winkt ab: "Ich gehe manchmal auf ein Bier ins VIP-Zelt, aber für die Schickimicki-Gesellschaft sind andere zuständig."

Für ihn zählt nur der Sport und die Faszination Streif. Wer sie fährt, müsse schon ein wenig verrückt sein, sagt er lachend: "Du brauchst großes Können, großen Mut und einen großen Vogel – dann bist du ein Sieger."

In seine persönliche Hall of Fame gehören Franz Klammer mit seinem unerwarteten Siegeslauf 1984 oder Stefan Eberharters Triumph im Jahr 2004. "Das sind Rennläufer, die nicht nur gewonnen haben, sondern auch in die Geschichte eingegangen sind. Ich hoffe, dass sich später auch ein paar Leute an meinen Beitrag erinnern werden", sagt Obernauer.