Chronik

"Stelzer wird Pühringer nachfolgen"

Josef Ratzenböck feiert am kommenden Dienstag, den 15. April, seinen 85. Geburtstag. Der aus Neukirchen am Wald stammende Politiker stieß 1953 zur ÖVP, war von 1973 bis 1977 Kulturlandesrat und von 1977 bis 1995 Landeshauptmann. Danach wurde er Landesobmann der Seniorenbundes.

KURIER: Wie geht es Ihnen?
Josef Ratzenböck:
Sehr gut, würde ich sagen. Ich bin fit und voll beschäftigt. Ich bin viel unterwegs, nehme an Veranstaltungen aller Art teil. Zum Beispiel an Jahreshauptversammlungen. Ich besuche die Mitglieder, die 100 Jahre alt werden und gratuliere ihnen. Ihre Erlebnisse decken sich zu einem guten Teil mit meinen eigenen Jugenderlebnissen.

Beginnen Sie Ihren Arbeitstag noch immer um sechs Uhr Früh?

Ja, täglich, bis auf den Donnerstag. Ich bin am Wochenende sehr beschäftigt, halte Samstag und Sonntag Versammlungen ab. Dafür halte ich mir den Donnerstag frei. Allerdings bin ich immer wieder gezwungen, auch am Donnerstag Termine wahrzunehmen.

Was haben Sie noch vor?

Die Aufgaben zu erfüllen, die ich noch erfüllen kann. Ich bin am 9. November 2013 für weitere vier Jahre zum Landesobmann des Seniorenbundes gewählt worden. Ich habe diese Organisation 1956 gegründet. Sie bereitet mir immer noch Freude.

Sie hatten geplant, nicht mehr zu kandidieren und Ihre Position an Josef Pühringer weiterzugeben. Pühringer tritt aber nun zum vierten Mal als Landeshauptmann an.

Ich bin sehr froh über die se Entscheidung. Er hat nach wie vor die Jugendfrische, die man in dieser Position braucht, und die Weisheit des Alters. Ich trage seine Entscheidung voll mit und habe ihm sogar noch zugeredet.Er hat noch die Spannkraft für die Ausübung dieses ungeheuer bedeutsamen Amtes. Er muss viele Entscheidungen treffen, die für das Land wichtig sind. Er hat auch die Möglichkeit, die Bundespolitik zu beeinflussen.

Das Pensionsalter ist zu niedrig, es soll erhöht werden.

Das Pensionsalter an sich nicht, es bleibt bei den Männern bei 65 und bei den Frauen bei 60. Wir brauchen nichts zu verändern. Wir haben so viele Möglichkeiten geschaffen, dass man früher und noch früher und noch früher in Pension gehen kann. Gleichzeitig registrieren wir, dass das Lebensalter steigt. Wir werden pro Jahr um zwei Monate älter. Das bedeutet, dass das Lebensalter in zehn Jahren um 20 Monate steigt. Dabei ist unser Gesundheitszustand wesentlich besser, als er früher gewesen ist. Die Ausnahmeregelungen werden wir uns auf Dauer nicht leisten können. Es geht nicht anders.

Josef Pühringer hat Thomas Stelzer als Ersten Landesparteiobmannstellvertreter und als Leiter der Zukunftskommission berufen. Er hat ihn de facto als seinen Nachfolger designiert.

Es ist gut, dass der Landeshauptmann eine Entscheidung getroffen hat. Sonst gibt es ein Rätselraten. Es ist in der Nachfolge Klarheit geschaffen und ich glaube, dass das alle begrüßen. Der Parteivorstand hat das einstimmig in geheimer Wahl beschlossen. Wir sind alle erleichtert darüber, dass Klarheit herrscht, wie es einmal weitergehen wird.

Damit ist klar, dass Stelzer Pühringer nachfolgen wird?

Für mich ja.

Es gibt andere Kandidaten wie Michael Strugl, Doris Hummer oder Wolfgang Hattmannsdorfer.

Ich halte es für gut, wenn es mehrere Leute gibt, die als Nachfolger infrage kommen können. Aber hier ist mit Thomas Stelzer Klarheit geschaffen worden.

Arbeiten Sie immer noch im Garten?

Ja. Im Winter und im Frühling nur dann und wann, ganz intensiv im Juli und August. Jetzt mache ich das, was notwendig ist. Ich habe Steckzwiebeln und Petersilie gesetzt und Karotten angebaut. Ich habe sogar versucht, Erbsen zu stecken. Das ist ein bisschen bald, aber das ganze Jahr ist heuer um zwei bis drei Wochen früher dran. Sollte es noch frieren und geht es daneben, wird noch einmal neu gepflanzt.

Die Leidenschaft für den Garten ist eine Folge Ihrer bäuerlichen Kindheit?

Sicher. Ich bin ein Bauer und dem Boden sehr verbunden. Meine bäuerlichen Leidenschaften befriedige ich im Garten. Ich pflanze und ernte. Wobei mich die Ernte nicht so interessiert wie das Säen und Pflanzen.

Vor 100 Jahren begann im Sommer der Erste Weltkrieg. Was verbinden Sie mit ihm?

Hier ist Schreckliches und Abscheuliches aus nichtigem Vorwand gemacht worden. Man hat die Leute in den Krieg geschickt. Millionen sind nicht zurückgekommen. Es war die Zeit meiner Eltern und Verwandten. Ein Bruder meines Vater, der Onkel Martin, war in Galizien eingesetzt. Er erlitt einen Kopfschuss, den er wunderbarerweise überlebt hat. Er war sein Leben lang entstellt. Mein Vater war achteinhalb Jahre Soldat und 13 Monate in Gefangenschaft. Er hat 60.000 Euro Kriegsanleihe gezeichnet, hart verdientes Geld, meine Mutter 20.000 Euro. Sie haben alles verloren. Nach dem Weltkrieg haben sie wieder mit der Arbeit begonnen, damit sie Ersparnisse haben. Es war damals so üblich, dass man zuerst Geld verdienen musste, damit man sich dann das Heiraten leisten konnte.

Es wurde die gesamte Generation betrogen.

Es wurde die ganze Generation ausgeblutet, aus Gründen, die wir eigentlich nicht mehr nachvollziehen können. So schrecklich das Attentat auf den Thronfolger in Sarajewo gewesen ist, eine Rechtfertigung deswegen einen Krieg zu beginnen, sehe ich nicht.

Ein eindeutiges Versagen des politischen Systems.

Jeder Krieg ist ein Versagen des politischen Systems. Ohne Ausnahme. Das gilt auch für den Zweiten Weltkieg, der noch schrecklicher gewesen ist. Wenn ich 2000 Jahre zurückschaue, haben wir aus der Geschichte überhaupt nichts gelernt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg sind Konsequenzen gezogen worden. Man hat die Vereinigten Staaten von Europa geschaffen. Das größte Erlebnis war für mich der Beitritt Österreichs zur EU am 1. Jänner 1995. Als vor dem Landhaus die Flaggen Oberösterreichs, Österreichs und der EU hochgezogen und die Hymnen gesungen wurden. Denn ich habe damit die Sicherung unseres Friedens gesehen. Es gibt keinen Erdteil, in dem so schreckliche Kriege geführt wurden wie bei uns in Europa. Jeder Weltkrieg war ein europäischer Krieg. Jetzt muss dieses Europa versuchen, den Frieden in die Welt zu tragen.

Wie wichtig Europa für uns Österreicher ist, sieht man jetzt bei den Geschehnissen in der Ukraine.

Wie beurteilen Sie den Anschluss der Krim an Russland?

Wieder wird mit dem Krieg gespielt. Viele Kriege haben so begonnen wie mit der Besetzung der Krim. Ohne dass es die Akteure wollten. Es ist passiert. Wenn wir dieses starke Europa nicht hätten, hätten wir wieder eine Situation, wo jederzeit ein Krieg ausbrechen könnte.

In der Ostukraine tummeln sich offensichtlich bezahlte Provokateure, die die Situation anheizen und offizielle Gebäude besetzen.

Das stimmt. Aber Europa zeigt, dass man nicht ohne weiteres Grenzen verletzen kann.

Die Sanktionen haben nur geringe Auswirkungen.

Das ist richtig. Aber Europa zeigt, dass man nicht alles machen kann. Sondern dass das Folgewirkungen hat. Wenn Europa auch selbst von den Sanktionen betroffen ist, mindestens so betroffen ist Russland.

Es soll damit gesichert werden, dass die Regeln, die zwischen den Völkern gelten, auch respektiert werden.