Als wir noch Hände schütteln durften
Von Georg Markus
Es ist jetzt an die sieben Wochen her, seit wir die letzte Hand geschüttelt haben. Virologen raten dringend davor ab, uns wie früher auf diese Weise zu begrüßen oder zu verabschieden. Damit ist vorerst einmal eine jahrtausendealte Tradition der Wertschätzung verpönt.
Geste des Friedens
Ein Steinrelief aus dem neunten Jahrhundert v. Chr. zeigt als ältestes bekanntes Dokument wie der assyrische König Salmanassar III. einem Babylonier die Hand gibt. Nachgewiesen ist auch, dass sich Griechen und Römer auf diese Weise begrüßten. Historiker wollen herausgefunden haben, dass das Handschütteln ursprünglich eine Geste des Friedens war: Wer die Hand eines anderen nimmt, zeigt, dass er in seiner eigenen Hand keine Waffe trägt.
Handschläge sind auf vielen antiken Objekten dargestellt. Auf Vasen ebenso wie auf Grabsteinen und Reliefs, und sie sind immer Ausdruck der Verbundenheit zweier Menschen. Üblich ist in unseren und anderen Breiten auch der Handschlag bei Abschluss eines Vertrages. Wann und wo das Händeschütteln tatsächlich entstand, ist nicht nachweisbar und kann wohl auch nicht mehr eruiert werden.
Allerdings gibt es Glaubensgemeinschaften, bei denen die Begrüßung durch Händedruck nicht immer erwünscht ist. So weigern sich muslimische Männer aus religiösen Gründen, Frauen die Hand zu reichen. Schüler werden auch in westlichen Ländern dazu angehalten, ihren Lehrerinnen die Hand zum Gruß zu verweigern.
In bestimmten Kulturen wird das Handgeben insgesamt als nicht passend empfunden, vielmehr begrüßen und verabschieden einander Chinesen, Japaner und Bewohner anderer asiatischer Länder durch eine kurze Verbeugung, wie sie Bundespräsident Van der Bellen in seiner Fernsehansprache zur Corona-Krise vorzeigte. Auch in der britischen Adelsgesellschaft war es früher üblich, Damen nur mit einer Verbeugung und der Frage „How do you do?“ zu ehren.
Fäuste statt Hände
Mediziner sahen die Begrüßung durch Händeschütteln weit vor der Corona-Krise kritisch, da durch den Kontakt der Handflächen und die anschließende Berührung des Gesichtes Krankheitserreger übertragen werden können. Insbesondere in den USA setzte sich vor Jahren schon das Gegeneinanderstoßen der Fäuste als Ausdruck der Wertschätzung durch, wobei das Infektionsrisiko wesentlich geringer ist. Neueren Ursprungs ist auch in unseren Breiten das gefahrlose Aneinanderreiben der Ellbogen. Forscher fordern seit Jahren, zumindest in Krankenhäusern das Schütteln von Händen zu vermeiden.
Ich fürchte, wir werden uns daran gewöhnen müssen.