Ein Denkmal für Zivilcourage in der NS-Zeit
Von Josef Gebhard
Zwei Tage vor dem Nationalfeiertag ist es so weit: Nach jahrelangem Gezerre um den Standort wird am 24. Oktober das Denkmal für Wehrmachtsdeserteure am Ballhausplatz enthüllt. Es ist das erste Mahnmal dieser Art in Österreich.
Festgast ist unter anderem Bundespräsident Heinz Fischer, die Festrede wird die Autorin Kathrin Röggla halten. Zu Wort kommt aber auch Richard Wadani, einer der wenigen noch lebenden Wehrmachtsdeserteure, der mit einem Personenkomitee jahrelang für das Denkmal gekämpft hat. Schließlich hat die rot-grüne Regierung die Errichtung beschlossen.
Zwischen 1939 und 1945 fällte die NS-Militärjustiz mehr als 20.000 Todesurteile gegen Fahnenflüchtige, davon wurden rund 15.000 auch vollstreckt. "Ich würde sie aber nicht als Opfer bezeichnen. Das waren Menschen, die aktiv gehandelt haben", betont der deutsche Künstler Olaf Nicolai, der das Denkmal gestaltet hat.
Wenige Wochen vor der Eröffnung ist die 1,65 Meter hohe Beton-Skulptur (Kosten: ca. 220.000 €) beinahe fertig. Es fehlt nur noch die Inschrift aus den Worten "all" und "alone". Sie soll die Situation des einzelnen Deserteurs veranschaulichen, der aus der Masse ausscherte. "Dieses Gedicht war mein Ausgangspunkt", sagt Nicolai bei einem Lokalaugenschein zum KURIER. "Ich bin selbst in der DDR aufgewachsen und musste in einer Armee dienen, der ich mich nicht zugehörig fühlte. Ich habe mich oft gefragt, was ich im Ernstfall getan hätte."
Nutzungskonzept
"Jetzt haben wir an diesem politisch hochaufgeladenen Platz ein Denkmal für Zivilcourage", sagt Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Noch vor 20 Jahren wäre das nur schwer vorstellbar gewesen.
Noch nicht geklärt ist, wie das Nutzungskonzept aussehen wird. Auf jeden Fall soll es Führungen und eine Homepage geben, versichert Mailath. "Ich würde mir ein Gesamtkonzept wünschen, das auch andere Wiener Denkmäler zur NS-Zeit miteinschließt – etwa das Hrdlicka-Denkmal." Derzeit würden noch die Verhandlungen über die Finanzierung laufen.