Chronik

Die Studenten sind weg, die Nachfolge ungeklärt

Die große Aula, wo sich zu Semesterbeginn stets die Studenten drängten, ist gähnend leer. Nur ein Security-Mitarbeiter steht etwas verloren herum. „Es ist trotzdem jeden Tag etwas zu tun“, sagt Gebäudemanager Gerhard Lorenz. Zuletzt hätten sich immer wieder Unbefugte Zutritt verschafft. „Es wäre notwendig, dass rasch Leben in die Bude kommt“, sagt Lorenz. Denn nur noch bis Ende September zahlt die Wirtschaftsuniversität Miete für das 30.000 Quadratmeter große Haus. Was dann passiert, ist nach wie vor offen.

Die umliegenden Unternehmer spüren den Abzug der WU bereits. „20.000 Kinder reicher Eltern waren hier– so eine Kundschaft kommt nie wieder“, sagt etwa Jiaqing Li, Betreiber eines Asia-Imbisses (Stimmen weiterer Unternehmer siehe auch unten).

Noch keine Unterschriften

Neue Kundschaft soll im Frühjahr 2014 kommen, wenn die Akademie der Bildenden Künste in den neunten Bezirk übersiedelt. Die alte Akademie am Schillerplatz wird bis 2017 saniert. Der Haken: „Es gibt noch keine unterschriebenen Verträge“, sagt Ernst Eichinger, Sprecher der Eigentümergesellschaft BIG.

Auch das Parlament soll während der Sanierung in die Alte WU wandern. Wann, ist offen. „Wir bereiten derzeit die Entscheidungsgrundlage vor“, sagt Alexis Wintoniak, Parlaments-Vizedirektor. Die Entscheidung werde erst nach der Wahl fallen, die alte WU sei aber nur eine Variante. Dem widerspricht die BIG heftig. „Über die geplante Nutzung der alten WU als Ausweichquartier für das Parlament gibt es keinen Zweifel“, sagt Eichinger.

Es existiere bereits ein unterschriebener Vertrag zwischen der BIG und dem Parlament. „Offen ist nur der Zeitpunkt der Übersiedlung.“ Ungeklärt ist aber der Platzbedarf. Denn das Parlament hat weitere Büros in umliegenden Gebäuden, etwa im Palais Epstein. Will das Parlament mitsamt der Außenstellen einziehen, geht das nur, wenn die Akademie wieder draußen ist – also nicht vor 2017. Es könnte also auf einen Wettlauf unter den Institutionen hinauslaufen: Wer zuerst unterschreibt, bekommt die WU.

„Vor einem Jahr um die Mittagszeit hätten wir hier keinen Platz zum Sitzen gehabt“, sagt Daniel Sendal vom Café „The Roast“ gegenüber der alten WU. Hatten doch im September immer hunderte Studenten sein Café für den Koffein-Kick in der Lernpause aufgesucht. Schließlich standen die Prüfungswochen vor der Tür. Dieses Jahr ist das anders. Sorgen mache er sich aber keine, „schließlich ist das Roast nur unser Repräsentationslokal. Hier können wir zeigen , was unsere Hausrösterei drauf hat.“

Claudia Neubauer, Geschäftsführerin des Wirtshauses „Selbstverständlich“, einer 35 Jahre alten Institution gegenüber der WU, ist da weniger gelassen: „Es fehlen 20.000 WUler, 40 Prozent unserer Kundschaft fallen mit der Umsiedelung weg. Das große Geschäft ist vorbei.“ Im Facultas Copy Shop unterhalb der nun verwaisten Haupttreppe der WU wartet das Personal nur noch auf den Befehl, zu übersiedeln. „Absolut sinnlos, hier zu bleiben“, konstatiert Mitarbeiter Michael Weiss.

Unmut

Was die betroffenen Unternehmer neben sinkenden Umsätzen gemeinsam haben, ist ihr Unmut gegenüber der Stadt. „Keiner hat uns geholfen“, sagt Neubauer. „Das ist Arbeitsplatzvernichtung und eine mutwillige Entwertung des Grätzls.“

Wer künftig in die WU zieht, darüber können die Unternehmer nur rätseln. Denn von offizieller Seite gebe es keine Informationen. In der Zwischenzeit werden Mitarbeiter gekündigt, Sperrstunden vorverlagert und Menüpreise angehoben. Man übt sich in Optimismus. Und blickt trotzdem fragend in die Zukunft. Restaurantbetreiber Jiaqing Li: „Jetzt wird alles anders.“