"Die Feuerwehr wird immer mehr zur Klimawehr"
Von Julia Schrenk
Die Hälfte der jährlichen Einsätze der Freiwilligen Feuerwehren sind Katastropheneinsätze. Wird nichts gegen den Klimawandel getan, kollabiert das System, sagen Reinhard Uhrig und Feuerwehr-Kommandant Raimund Lunzer von Global 2000 im Interview.
Hochwässer wie seit 100 Jahren nicht, Waldbrände und heftige Gewitter: Nehmen extreme Wetterphänomene zu?
Uhrig: Natürlich. Das hängt mit der globalen Erderwärmung zusammen und mit der Energie, die im Klimasystem drin ist. Diese Energie wird frei in Stürmen, in heftigen Unwettern.
Wie wirkt sich der Klimawandel auf Österreich auf?
Uhrig: Wir haben schon jetzt mehr Wüstentage, also mit mehr als 35 Grad, als in den vergangenen zehn Jahren zusammen. Das wirkliche Problem ist, dass der Permafrostboden im alpinen Bereich auftaut und es dadurch zunehmend Verletzungen aufgrund von Steinschlag gibt. Das hat wiederum massive Auswirkungen auf den Winter-Tourismus, weil Schneekanonen nur betrieben werden können, wenn es niedrige Temperaturen hat und die haben wir potenziell bald nicht mehr. Und das wirkt sich auch auf den Sommer-Tourismus aus, weil durch den Steinschlag bestimmte Regionen in den Bergen dann unbewohnbar werden können.
Wie wirkt sich der Klimawandel auf das Katastrophenmanagement aus?
Lunzer: Die Feuerwehr wird immer mehr zur Klimawehr. Derzeit sind zirka 50 Prozent der Ausfahrten dem Klimawandel geschuldet. Da geht es um Waldbrände, Wasserversorgung bei Trockenheit, Unwetter- und Sturmeinsätze. Wenn der Klimawandel bis 2050 in seinem jetzigen Tempo ansteigt, dann wird das System der Freiwilligkeit nicht mehr funktionieren.
Warum?
Lunzer: Ein Beispiel: Ich war vor Kurzem mit meiner Feuerwehr zwölf Stunden im Unwettereinsatz. Jetzt sind da nicht nur Angestellte, sondern Selbstständige, Freiberufler, Landwirte dabei. Und die haben unter der Woche zu Hause ihre Arbeit und müssten einen Ersatz finanzieren. Und bei jenen Leute, die in Firmen angestellt sind, ist die Freistellung vom guten Willen des Arbeitgebers abhängig.
Braucht es da eine gesetzliche Regelung?
Lunzer: Eine Berufsfeuerwehr ist jedenfalls unfinanzierbar.
Wie kann das Problem gelöst werden?
Uhrig: Durch einer langfristige Strategie. Von der Politik fordern wir den 100-prozentigen Ausstieg aus der fossilen Energie. Das ist machbar.