"Das Fasten ist eine reine Kopfsache"
"Elf Minuten noch, das schaff’ ma", sagt Canan. Die 23-jährige angehende Sonderschullehrerin hat sich an diesem zehnten Tag des islamischen Fastenmonats Ramadan mit Somaya (17), Nesrin (19) und Jasna (24) zum Fastenbrechen im nepalesischen Restaurant Yak & Yeti in der Wiener Hofmühlgasse getroffen. Gebrochen wird das Fasten an diesem Tag exakt um 20.57 Uhr.
Das sagt der muslimische Kalender, an den sich die jungen Frauen halten. "Den haben wir immer mit", sagt die 24-jährige Informatik-Studentin Jasna. Aber nicht den Kalender in Papierform, den Muslime in der Moschee erhalten, sondern den am Handy: Denn die jungen Muslimas organisieren ihren Ramadan mit dem Handy-App "Muslim pro". Dort wird genau angegeben, wann an welchem Tag das Fasten gebrochen wird und wann die Gebete zu verrichten sind.
Aus Überzeugung
Aber wie feiern junge Muslime in Wien den Ramadan eigentlich? "Fasten ist eine Sache zwischen dir und Gott", erzählt die 24-jährige Informatik-Studentin Jasna bei nepalesischen Teigtaschen und Linsen mit Reis.
So wie ihre Freundinnen ist auch Jasna in der Muslimischen Jugend Österreich engagiert. Die jungen Frauen leben ihren Glauben aus Überzeugung. Ihnen ist es wichtig, den Fastenmonat auch einzuhalten. "Es geht um Spiritualität und darum, die eigene Beziehung zu Gott zu stärken" , erzählt Jasna. Darum sei es wichtig, "sein Essen zu teilen und seine Zeit sinnvoll zu verbringen". Jasna hilft im Rahmen des Projekts "Fasten, teilen, helfen" der Muslimischen Jugend etwa beim Kochen in der Obdachlosenunterkunft Gruft.
"Der Ramadan ist wie eine Trainingsphase für das restliche Jahr", erzählt die Schülerin Somaya. "Man versucht, ein besserer Mensch zu sein." Muslime besuchen in dieser Zeit möglichst oft die Moschee, verbringen Zeit mit der Familie und mit Freunden und reduzieren "nicht sinnvolle Tätigkeiten". "Ich habe am Abend vor Beginn des Ramadan zum Beispiel mein Facebook-Konto deaktiviert", sagt Nesrin.
Negatives Bild
Das Bild, das viele Österreicher von Muslimen während des Fastenmonats haben, ist eines von vom Fasten geschwächten Gläubigen. "Der Ramadan wirkt vielleicht anstrengend, aber für uns ist er eine sehr positive Zeit, wir freuen uns darauf", sagt Canan. Wenn auch dazu gesagt werden muss, dass nicht alle Muslime den Ramadan strikt einhalten.
Das Fasten sei anfangs zwar eine Umstellung für den Körper. Aber: "Fasten ist eine reine Kopfsache. Der Mensch ist ja ein Gewohnheitstier."
Essen dürfen Muslime während des Ramadans nur nach und vor Sonnenaufgang. Das Morgenmahl wird zwischen zwei und drei Uhr Früh eingenommen.
Bei Canan besteht es meist aus Wassermelone und Datteln, die 24-jährige Jasna isst um diese Uhrzeit schon Pizza – was bei ihren Freundinnen für Verwunderung sorgt: "Was, echt? Oh Gott!", sagt Canan. Aber für Jasna ist die Sache klar: "Bei mir ist Freitag immer Pizza-Freitag und jetzt ist halt jeden Tag Pizza-Freitag", grinst sie. Schließlich muss sie danach etwa 18 Stunden ohne Wasser und ohne Nahrung auskommen – bis nach dem Sonnenuntergang, das ist meist um etwa 21 Uhr.
Nach einigen Tagen habe sich der Körper auf das Fasten eingestellt: "Ich bin dann meistens schon nach zwei Datteln satt", sagt Somaya.
Eigentlich, erzählen die jungen Frauen, sei jeder Abend im Ramadan wie ein Feierabend. "Man bekommt Einladung um Einladung und überlegt sich: Zu welcher Party gehe ich jetzt?"