"Das AKH wird abgewirtschaftet"
Von Josef Gebhard
„Wenn ein Pfleger kurzfristig wegen Fußweh in den Krankenstand geht, muss gleich der ganze OP-Tisch gesperrt werden. So dünn ist mittlerweile die Personaldecke im AKH“, sagt Peter Husslein, Vorstand der Uniklinik für Frauenheilkunde.
Er ist einer der prominentesten Unterzeichner eines offenen Briefs, in dem mehr als 40 Professoren auf die prekäre Situation an der Wiener MedUni bzw. am AKH aufmerksam machen. Während Geld genug da sei, so der Tenor, in Linz eine neue MedUni zu errichten, werde Österreichs größte Uniklinik zunehmend ausgehungert. Forschung, aber auch die Versorgung der Patienten seien dadurch massiv gefährdet (der KURIER berichtete).
Husslein und seine Kollegen stoßen sich aber nicht nur am Konkurrenz-Projekt in Linz: „Das AKH wird bewusst abgewirtschaftet, damit in Floridsdorf das Krankenhaus Nord als politisches Prestigeprojekt errichtet werden kann“, findet der Gynäkologe scharfe Worte.
Das 785-Betten-Spital (Kosten: rund 825 Mio. €) befindet sich derzeit in Bau und soll 2016 in Vollbetrieb gehen.
Für Husslein ein unnötiger Bau: Die Patienten könnten problemlos im AKH versorgt werden, würde man nur seine Kapazitäten voll ausnutzen. „Wir haben jetzt 2300 Betten. In Wirklichkeit wird nur die Hälfte verwendet. Nach 14.30 Uhr geht man im AKH durch leere OP-Säle“, schildert Husslein. Doch derzeit gebe es nicht einmal für den bestehenden Betrieb genug Ärzte und Pflegekräfte: „In der Kinder-Intensiv-Station gibt es permanent Aufnahmesperren, weil das Personal fehlt. Babys, die als Frühgeburt zur Welt kommen, müssen – kaum geht es ihnen besser – auf Niederösterreichs Spitäler verteilt werden.“
Nächste Verschärfung
Noch einmal dramatisch verschärfen werde sich die Lage ab Herbst mit der neuen Betriebsvereinbarung, warnt der Mediziner. Durch geänderte Nachtdienst-Regelungen werde tagsüber zu wenig Personal zur Verfügung stehen. „Dann werden wir Patienten nach Risiko selektieren müssen. Das wird natürlich für Ärger sorgen.“
„Auch wenn das AKH zu 100 Prozent ausgelastet wäre, kann es das Krankenhaus Nord nicht ersetzen“, kontert Wiens Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely. Denn das neue Spital bestehe zu 90 Prozent aus Übersiedlungen von anderen Krankenhäusern und werde drei gesamte Standorte (Semmelweis-Klinik, Gersthof und Krankenhaus Floridsdorf) in sich aufnehmen.