Chronik/Burgenland

Vogelexperten schlagen Alarm: Für die Krickente wird es eng

Die 75 verbliebenen österreichischen Krickentenpaare befinden sich gerade auf dem Flug in ihr Winterquartier im Süden. Wie viele von ihnen werden wohl nächstes Jahr zurückkehren?

Fehlende Brut- und Rastplätze und ein karges Nahrungsangebot haben der Krickenten-Population in den letzten Jahren stark zugesetzt. Der Geschäftsführer von „BirdLife“ Österreich, Gábor Wichmann, legt besorgniserregende Zahlen vor: „Seit 1990 ist rund ein Drittel unserer brütenden Krickenten verschwunden. Mit ihren rund 75 Brutpaaren in Österreich ist die Krickente stark schutzbedürftig und laut Ampelliste auf Rot geschaltet.“

Früher war die Böhmische Masse im Waldviertel das bevorzugte Habitat der Krickente. Heute brütet sie laut „BirdLife“ nur noch sehr lokal in Auwäldern, Nieder- und Hochmooren sowie in Teichgebieten. Vereinzelt findet man Europas kleinste Ente etwa noch im oberösterreichischen Zentralraum, im Inn- und Salzachtal sowie im steirischen Ennstal.

Rastplätze in Gefahr

Mitverantwortlich für den Rückgang der Population ist der schlechte Zustand von Europas wichtigstem Binnenrastplatz für Zugvögel: Die Salzlacken im Seewinkel. Wenn sie austrocknen, dann ist auch das Schicksal der Krickente in Mitteleuropa besiegelt, sind sich Vogelschützer einig. Schon Mitte des 21. Jahrhunderts könnte die Art aus Österreich verschwunden sein, wenn die letzten Sodalacken austrocknen sollten.

Die Lage ist ernst, mahnt Ornithologe Wichmann: „Vier von fünf Lacken im Seewinkel sind innerhalb der letzten 150 Jahre komplett verlandet und damit endgültig verschwunden. Noch vor wenigen Jahren konnten wir dort bis zu 20.000 Krickenten beim Rasten und bei der Mauser zählen, jetzt sind es zumindest um eine Zehnerpotenz weniger, die sich auf den ein bis zwei verbliebenen Gewässern zusammendrängen“.

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Das Verschwinden der Sodalacken wäre freilich nicht nur für die Krickenten katastrophal. Mehr als 350 Arten werden in der offiziellen Liste zum Vogelbestand im Seewinkel geführt, weshalb die Region nicht nur ein El Dorado für Birdwatcher ist, sondern auch für das ökologische Gleichgewicht in ganz Europa eine zentrale Rolle spielt.

Um das Horrorszenario eines trockenen Seewinkels noch abzuwenden, wurden im Zuge eines von der Europäischen Union geförderten LIFE-Projektes im Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel bereits Schritte gesetzt, um den Fortbestand der Sodalacken zu sichern.

Rettungsversuche

Um den Grundwasserspiegel nachhaltig zu heben, werden Entwässerungskanäle, die vor Jahrzehnten für die Landwirtschaft angelegt wurden, unterbrochen. In der Region soll zudem eine Klima-angepasste Landwirtschaft propagiert werden, sprich: Die Bauern sollen in Zukunft weniger bewässerungsintensive Sorten anbauen.

Ein weiterer Rettungsansatz für die Sodalacken wurde im vergangenen Frühjahr getestet, als fünf Tonnen Salz in die Moschado-Lacke in Apetlon gekippt wurden. Diese Maßnahme ist unter Naturschützern allerdings ebenso umstritten wie die geplante Speisung des Neusiedler Sees mit Wasser aus der Moson-Donau (der KURIER hat berichtet).