Treffen der roten Kronprinzen
Von Thomas Orovits
Ein Mann, der doch nicht Kanzler wurde, und einer, der bald Landeshauptmann werden soll: Das 2001 gegründete Wirtschaftsforum Burgenland hatte Montagabend Hannes Androsch und Hans Peter Doskozil ins Restaurant Reisinger nach Pöttsching geladen, um über „wirtschaftspolitische Herausforderungen in Österreich und Europa“ zu diskutieren und erlebte einen „absoluten Rekordbesuch“, wie Manfred Moser zufrieden vermerkte. Der Rechtsanwalt und frühere SPÖ-Chef (1998-2000) gehört mit Ex-Bewag-Chef und Unternehmer Anton Schubaschitz und Energie-Burgenland-Vorstand Michael Gerbavsits zum Leitungskomitee der „privaten Initiative“ in fraglos roter Umlaufbahn.
Und weil Moser (er sollte einst Landeshauptmann Karl Stix nachfolgen) und Gerbavsits (er galt vor Doskozils Aufstieg als potenzieller Niessl-Erbe) auch einmal als Zukunftshoffnungen galten, war das auch ein Podium der roten (Ex)-Kronprinzen.
Der 80-jährige Unternehmer Androsch, früher Finanzminister und Vizekanzler unter Bruno Kreisky, spannte einen weiten Bogen von den Anfängen der Ersten Republik vor genau 100 Jahren bis zu den aktuell drängendsten Problemen: „Um das Klima scheren wir uns überhaupt nicht“, stattdessen schaue man nur aufs (kurzfristige) Wetter, wetterte der rote Grandseigneur. Die Digitalisierung und eine Bildungsreform nach internationalem Standard (Gesamtschule) nannte Androsch als weitere Knackpunkte, während er vor einem „schleichenden Alpen-Orbanismus“ mit Vorrang fürs Nationale warnte und damit wohl die türkis-blaue Bundesregierung meinte.
Vom Auditorium gab es dafür reichlich Applaus; gesichtet wurden im Saal u. a. SPÖ-Landtagspräsident Christian Illedits, Landesrätin Verena Dunst, Bohmann-Chef Gerhard Milletich, Städtische-Vorstand Gerold Stagl, ORF-Stiftungsrat Werner Dax, WiBUG-Boss Harald Zagiczek, OSG-Vorstand Alfred Kollar, Sicherheitsexperte Herbert Wagner sowie Kurt Löffler, 20 Jahre Chef des ERP-Förderfonds im Bund, und AK-Präsident Gerhard Michalitsch.
Finanzlandesrat Doskozil verneigte sich verbal vor Androsch, aus dessen reichem Erfahrungsschatz er immer wieder schöpfen dürfe. Man treffe sich „alle drei, vier Monate“, verriet der Ex-Verteidigungsminister. Zuletzt habe er Androsch gemeinsam mit Wiens Bürgermeister Michael Ludwig in Altaussee besucht.
Wirtschaftspolitisch präsentierte sich der designierte Landeshauptmann als sozialdemokratischer Traditionalist und bezeichnete sich „durchaus als Fan einer funktionierenden Sozialpartnerschaft“ und Verfechter eines starken Staates. Man dürfe „nicht zulassen, dass der Staat zurückgedrängt wird und Kompetenzen verliert“, bekannte sich Doskozil zu Gesundheit und Daseinsvorsorge unter hoheitlichem Dach. In der Bildungsfrage legt der Vater zweier Kinder größten Wert auf „Sprachkompetenz“; schon in der Volksschule sollte Englischunterricht forciert werden.
Für heuer ist das Plansoll des Wirtschaftsforums erfüllt, ein Termin im Frühjahr und einer im Herbst reichen. „Nicht zu oft und nicht zu lang“ sollten die Treffen sein, so Moser launig. 2019 geht es weiter, wohl wieder mit Doskozil – dann als Landeshauptmann.