Chronik/Burgenland

Streit um Schuldirektoren

Bürgermeister Manfred Kertelics ist erschüttert: "Das ist eine Katastrophe", sagt der ÖVP-Ortschef der südburgenländischen Gemeinde Tobaj zum Vorhaben des Landesschulrates, dass ab 1. September landesweit 22 Direktoren 30 weitere Schulstandorte mitleiten sollen. Eine davon ist die einzige verbliebene Volksschule in der Großgemeinde Tobaj im Ortsteil Deutsch Tschantschendorf, die künftig vom Direktor der Volksschule St. Michael mitbetreut wird.

Für Kertelics ein Affront, denn seine Gemeinde mit insgesamt sechs Ortsteilen sei ohnehin Reform-Vorreiter und habe vor einigen Jahren die Volksschulen in den Ortsteilen Tobaj und Punitz geschlossen und im Gegenzug die Schule samt Hort in Deutsch-Tschantschendorf um 400.000 Euro ausgebaut. 41 Kinder haben die Schule zuletzt besucht. Dass jetzt "zum Dank" ein Direktor von außen in "seine" Schule kommen soll, ist für Kertelics undenkbar.

Vor exakt einem Jahr wurde im Nationalrat die Änderung des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes beschlossen, das in § 27 ermöglicht, dass ein Schulleiter "zusätzlich mit der Leitung einer oder mehrerer weiterer allgemein bildender Pflichtschulen betraut" wird. Vor Kurzem wurde publik, dass ab Herbst bei 30 von 237 Pflichtschulen (meist im Mittel- und Südburgenland) davon Gebrauch gemacht wird – seither wird protestiert.

Der Unmut geht quer durch die Parteien: Auch Kertelics‘ SPÖ-Kollege Helmut Sampt in Minihof-Liebau ist "überhaupt nicht zufrieden" damit, dass seine zweiklassige Schule von der Direktorin aus St. Martin geleitet werden soll. Zumal die ja auch noch unterrichten müsse, weil beide Schulen gemeinsam nur auf sechs Klassen kommen – erst ab acht Klassen ist der Schulleiter freigestellt.

Breite Front

Ein Chef für mehrere Schulen solle die Verwaltung vereinfachen und den pädagogischen Standard heben, sagt Landesschulratspräsident Gerhard Resch. Mittelfristiges Ziel sei, dass es nur noch Schulen mit zumindest acht Klassen gebe. Um finanzielle Einsparungen gehe es dabei gar nicht, die Mitbetreuung könnte am Ende sogar "minimalst" teurer sein.

Der Zentralausschuss der Pflichtschullehrer ist in rot-schwarzer Einmütigkeit dagegen. Aus pädagogischer Sicht hält man es für bedenklich, dass Direktoren mehr als zwei Schulen oder gar andere Schultypen mitbetreuen – so leiten in Kobersdorf und Neuhaus/Kl. Volksschuldirektoren künftig auch Neue Mittelschulen. Für Resch kein Problem: "Sind die vielleicht dümmer"? Entscheidend seien Managementfähigkeiten.

In Tobaj werden nun nicht nur alle Gemeinderäte Unterschriften gegen die Zusammenlegung sammeln, sondern auch ein Lehrer der örtlichen Volksschule wurde aktiv. Hannes Hofbauer hat eine Online-Petition zur Rücknahme der Zusammenlegungen initiiert, die in den ersten drei Tagen 300 Unterstützer gefunden habe.

Hofbauer: "Der Protest breitet sich aus".