Chronik/Burgenland

Sicher, sicherer, Sicherheitspartner

Kann das Beste überboten werden? Im rot-blauen Burgenland arbeitet man mit großer Leidenschaft und gar nicht so wenig Steuergeld an der Transformation des Sicherheits-Superlativs. Obwohl das kleinste Bundesland seit Jahren das weitaus sicherste ist, gibt es im Eisenstädter Landhaus seit dem Vorjahr erstmals ein eigenes Hauptreferat Sicherheit mit einem Budget von rund 9,7 Millionen Euro und 15 Mitarbeitern – darunter, wie berichtet, auch FPÖ-Parteigänger. Und seit wenigen Wochen patrouillieren 22 "Sicherheitspartner" rund um die Uhr durch neun Grenzgemeinden zu Ungarn und zur Slowakei.

Die Ausweitung aufs ganze Land zwecks Hebung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Bevölkerung ist vom blauen "Sicherheitslandesrat" Hans Tschürtz durchaus erwünscht. Die 16 Männer und sechs Frauen in signalgelben Jacken erhielten eine zweiwöchige Ausbildung, die meisten waren zuvor arbeitslos oder sind älter als 50 Jahre. Die Partner sind unbewaffnet, dürfen aber beobachten, dokumentieren und an Polizei und andere Behörden melden. 500.000 Euro im Jahr kostet das von Tschürtz und Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) als vorbildlich für ganz Österreich angepriesene Projekt. Die Mittel sind Teil der 21,5 Millionen Euro, die das Land jährlich für Sicherheit ausgibt – aus diesem Topf werden aber auch Feuerwehr und Katastrophenschutz bedient.

Mit den Sicherheitspartnern würden "Probleme gesucht, die gar nicht da sind", zweifelt hingegen nicht nur Roger von Laufenberg vom Wiener Zentrum für sozialwissenschaftliche Sicherheitsforschung (VICESSE) am praktischen Nutzen der (partei-)politischen Aktion.

Sicherstes Bundesland

Denn ein Hort der Unsicherheit ist der schmale Landstrich mitnichten: Die jüngste Kriminalitätsstatistik 2015 hat 9997 angezeigte Straftaten ausgewiesen, halb so viele wie in Vorarlberg, das nur ein gutes Drittel mehr Einwohner hat. Auch 2016 hält dieser Trend an, wie Martin Huber, Nachfolger von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) an der Spitze der Landespolizeidirektion, durchblicken lässt – exakte Zahlen folgen 2017.

Einbrüche in Häuser und Wohnungen sind rückläufig, ein Plus gibt’s bei Keller- und Firmeneinbrüchen sowie Fahrraddiebstählen. Und: Kriminalität von Asylwerbern ist kein großes Thema. Zudem soll auch die Aufklärungsquote nach zuletzt auch schon respektablen 45 Prozent wieder steigen.

Gestiegen ist auch die vergleichsweise ohnedies hohe Zahl an Polizisten. Zur Bewältigung der Grenzkontrollen im Kampf gegen Schlepper und illegale Einwanderung sind zusätzlich 170 Beamte aus Wien, der Steiermark, NÖ und OÖ befristet im Burgenland dienstzugeteilt. Nicht eben zur Freude dortiger Polizeichefs. Statt etwas mehr als 1500 sorgen im östlichsten Bundesland jetzt fast 1700 Polizisten für Ruhe und Ordnung. Dazu kommen 450 Assistenzsoldaten zur Überwachung der grünen Grenze. Wien, Kärnten und die Steiermark müssen gemeinsam mit ebenso vielen das Auslangen finden.

Der Erfolg des massiven Aufgebots: Heuer wurden 6000 illegale Grenzgänger und 103 Schlepper aufgegriffen. Ein Klacks im Vergleich zum Vorjahr mit de facto fast 300.000 illegal Eingereisten und 1106 Anzeigen gegen Schlepper. Auch Militärkommandant Gernot Gasser betont den "gefühlten" Effekt: "Wir leisten einen wesentlichen Teil zum subjektiven Sicherheitsgefühl der Burgenländer."

An der Grenze

Das Sicherheitsgefühl ist auch in Schattendorf ein Thema, obwohl die Grenzgemeinde zu Ungarn wohl zu den bestbewachten gehört und die letzte Einbruchsserie (Gartengeräte und Fahrräder) vier Jahre zurückliegt. Neben den sieben Beamten der Polizeiinspektion versehen derzeit 32 Polizisten Dienst in der Asyl-Aufarbeitungsstelle. Gab es anfangs Unmut über die Registrierungsstelle, scheint die Bevölkerung mittlerweile ihren Frieden damit gemacht zu haben. Nicht nur, weil gerade statt täglich 100 Flüchtlinge nur ein paar zu registrieren sind. Sondern auch, weil die "Gast-Polizisten" rund um die Uhr am kleinen Grenzübergang zu Ungarn stehen – illegale Einwanderer wurden zuletzt aber eher in Eisenbahnzügen gefunden.

Die Pensionistin Anna Aminger bleibt dennoch skeptisch. Unter den Flüchtlingen seien ja "nicht nur Gute". Aber SPÖ-Vizebürgermeister Thomas Hoffmann beruhigt die rüstige Dame, es gebe keine andere Gemeinde im Land, die so viel für Sicherheit mache. Apropos: Auch im erzroten Schattendorf sind Sicherheitspartner unterwegs, FPÖ-Chef Tschürtz wollte nicht, dass der KURIER mit ihnen spricht. Viel zu erzählen hätten sie vermutlich ohnehin nicht gehabt, denn Vizebürgermeister Hoffmann weiß von "keinen besonderen Vorkommnissen".

Ob der ganze Aufwand angesichts der Fakten nicht überschießend sei, fragte der KURIER Niessl. "Sicherheit muss uns das wert sein", parierte er den Einwand. Tschürtz räumte ein, das Burgenland sei zwar sicherstes Bundesland, aber das wolle man "ausbauen". Bald wird das Land sicher noch sicherer.