Oberwart: "Die Dilettanten führen das Wort“
Von Roland Pittner
Maria Racz geht für die Oberwarter Grünen ins Rennen und will in den Gemeinderat. An vierter Stelle im Team kandidiert auch ihr Vater, Andreas Racz. So sind die Grünen zu 50 Prozent ein Familienbetrieb. Maria Racz und ihr Großvater, der ehemalige VP-Bürgermeister Michael Racz, standen dem KURIER Rede und Antwort. Für die Grünen würde der 80-Jährige nicht ins Rennen gehen, wenn dann wieder für die ÖVP. Die 24-Jährige holt sich trotzdem Tipps von ihrem Großvater, wie man eine Wahl gewinnt.
KURIER: Wie war es für Sie, als die Kandidatur für die Grünen fix war und Sie Ihrem Großvater davon erzählt haben?
Maria Racz: Ich war sehr gespannt, was er dazu sagt, aber ich weiß, dass mein Großvater immer hinter mir steht. Sonst ist es total ungewohnt, mein Plan war nicht, im Mittelpunkt zu stehen und als Spitzenkandidatin anzutreten. Es ist gewöhnungsbedürftig, aber gut. Es gibt mir positive Energie.
Wie ist es für Sie, wenn Ihre Enkelin von den Plakaten der Grünen herunter lacht, war ihr Einstieg in die Politik absehbar?
Michael Racz: Das war nicht vorhersehbar. Es ist eigenartig – im wahrsten Sinne des Wortes nämlich.
Wie war es bei Ihrer ersten Kandidatur 1982?
Michael Racz: Damals war es turbulent. Die ganze Situation war politisch und wirtschaftlich auf Messers Schneide. (Schuldenstand von Oberwart war damals 200 Mio. Schilling, am Ende der Amtszeit von Racz 2002 94 Mio. Schilling, Anm.)
Sie kandidieren in einer ähnlichen Situation, Oberwart ist hoch verschuldet.
Maria Racz: Ja, die Situation ist heute ähnlich turbulent. Jetzt muss etwas gemacht werden. Meine Motivation in die Politik zu gehen, ist nicht, zu denken, was mir das persönlich bringt, sondern: was kann ich machen, damit es in Oberwart besser wird.
Was ist für Sie das wichtigste Thema, mit dem Ihre Enkelin punkten kann?
Michael Racz: Egal, in welcher Partei man ist, wenn man nicht offen ist für die Mitmenschen, dann ist man auf verlorenem Posten. Man darf nicht abgehoben sein, sondern sollte allen Bevölkerungsschichten auf Augenhöhe begegnen. Politik ist ein Dienst und wer nicht berufen ist, in der Politik zu dienen, ist fehl am Platz.
Wo soll sich Oberwart in den nächsten Jahren hin entwickeln – mit Hilfe der Grünen?
Maria Racz: Es muss in eine stabilere Richtung gehen. Oberwart ist ein Ort, der kulturell sehr viel zu bieten hat, aber es braucht eine Plattform dazu. Es ist ein vielfältiger Ort und genau diese Vielfalt muss man fördern. An erster Stelle steht aber die finanzielle Situation, die stabilisiert gehört. Hier muss es sich ganz radikal in eine andere Richtung drehen. Wir rasen auf einen Abgrund zu, die Notbremse zieht derzeit aber noch keiner.
Wie haben Sie in den 1980ern die Notbremse gezogen und die Schulden der Gemeinde abgebaut?
Michael Racz: Ich habe der Bevölkerung nichts anderes versprochen, als dass ich für sie uneingeschränkt da bin. Meine Hauptaufgabe war die Sanierung der Finanzen und trotzdem den Ausbau und die Entwicklung von Oberwart zu gewährleisten.
Sehen Sie Anknüpfungspunkte zwischen den heutigen Grünen und Ihrer damaligen Politik?
Michael Racz: Die sind naturgemäß vorhanden. Die Einstellung ist zu berücksichtigen: Wo es heißt, die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit anzuwenden. Die Grünen haben noch keine Möglichkeit gehabt in die verkehrte Richtung zu rennen. Motto muss sein: Alles für die Bevölkerung und nichts gegen die Bevölkerung.
Wie sehen Sie als Ex-Bürgermeister den Handlungsspielraum für die Grünen, sollten diese in den Gemeinderat einziehen?
Michael Racz: Politik muss gelernt werden. Ich bin erstaunt darüber, dass meistens Dilettanten das Wort führen und auch die Handlungen setzen. Aus meiner Sicht ist es für eine Minderheit immer notwendig, hellhörig, hellsichtig und tatkräftig zu sein.
Was können Sie von Ihrem Großvater in den Wahlkampf mitnehmen? Gibt er Ihnen Tipps, wie man eine Wahl gewinnt?
Maria Racz: Ja, natürlich gibt er mir immer wieder hilfreiche Tipps und schaut, dass ich nicht aufgebe. Es ist schon gut, dass ich ihn habe und im Zweifelsfall seine Meinung einholen kann.
Ihre Enkelin und Ihr Sohn sind bei den Grünen, würden Sie sich heute wieder für die ÖVP entscheiden?
Michael Racz: Ich würde mit aller Entschlossenheit wieder für die ÖVP in den Wahlkampf ziehen.
Wann werden Sie in Oberwart Bürgermeisterin?
Maria Racz: In fünf Jahren? Ich schau’ mal und gehe in den Gemeinderat. Ich könnte es mir schon vorstellen, Bürgermeisterin zu werden.
Familie Racz: Politisch aktiv über drei Generationen
Michael Racz übernahm am 13. Mai 1982 das Amt des Bürgermeisters von Oberwart. Im Jahr 2002 übergab der Finanzbeamte das Amt an Karl Volcic. Bei der Gemeinderatswahl 2002 verlor die ÖVP den Bürgermeistersessel.
Maria Racz will mit den Grünen den Einzug in den Gemeinderat schaffen. Da der ursprüngliche Spitzenkandidat Wolfgang Spitzmüller nicht zugelassen wurde, übernahm die 24-jährige Theologiestudentin den Spitzenplatz.
Die Grünen Oberwart treten mit vier Kandidaten zur Gemeinderatswahl an. Auf Maria Racz folgt Gerald Unger vor Lukas Fischer und Andreas Racz. Der Volksschullehrer unterstützt seine Tochter auch politisch tatkräftig.