Nachbarschaftshilfe für Gemeinden: „Ohne Ehrenamtliche geht nichts“
Offensichtlich gut gelaunt treffen Helene Forstik und Christine Langecker beim Adventmarkt in der Mattersburger Innenstadt ein. Bei einem Häferl Punsch rennt der Schmäh. „Heute waren wir schon einkaufen, danach gehen wir noch ins Kaffeehaus“, schildert Forstik. 89 Jahre zählt die rüstige Pensionistin, die einst selbst ein Kaffeehaus in der Stadt betrieben hat. Dass sie in Mattersburg durch das Angebot der Nachbarschaftshilfe Plus eine Begleiterin gefunden hat, darüber ist die frühere Unternehmerin sehr begeistert. Auch wenn sie im Ruhestand ist: Den Haushalt erledigt Frau Forstik weitgehend selbstständig. Ihre Einkäufe und Arztbesuche absolviert sie gerne zu zweit. „Alleine kann ich nicht soweit gehen, da bin ich froh, wenn wer dabei ist.“
An ihrer Seite ist einmal wöchentlich Christine Langecker. Die 69-Jährige engagiert sich seit März im Rahmen des Sozialprojektes Nachbarschaftshilfe Plus. Was sie dazu bewogen hat? „Ich hatte selbst einmal gesundheitliche Probleme und weiß wie wichtig es ist, Unterstützung zu bekommen.“ Dass sie anderen jetzt helfen kann, das „baue auf“. Gemeinsam erledigt das Duo per pedes sämtliche Besorgungen. „Nur ein einziges Mal haben wir ein Taxi genommen.“
Neue Mitgliedsgemeinden
Vor mehr als fünf Jahren wurde in sechs Pilotgemeinden des Mittelburgenlandes ein landesweit einzigartiger Verein ins Leben gerufen: Im Rahmen von „Nachbarschaftshilfe Plus“ wird seither ehrenamtliche Unterstützung für ältere und hilfsbedürftige Menschen koordiniert. Die meisten von ihnen sind 75 Jahre und älter. Die Freiwilligen übernehmen Aufgaben des Alltags, Fahr- oder Einkaufsdienste und im Bedarfsfall auch Kinderbetreuung. Die Angestellten der Organisation koordinieren Angebot und Nachfrage.
Weil sich das Projekt in den Pilotgemeinden so gut bewährt hat, wird es nun in elf weiteren Gemeinden des Landes umgesetzt. Seit März bringen die angestellte Mitarbeiterin Birgit Haider und Vereinsobfrau Claudia Schlager in Mattersburg Klienten und Betreuer zusammen. Vor allem die „Zuagroasten“ würden das Angebot in Anspruch nehmen, sagt Haider.
Soziale Dienste
Etwa 6.000 soziale Dienste seien heuer von den 350 ehrenamtlichen Mitarbeitern in den 17 Mitgliedsgemeinden übernommen worden, zieht Astrid Rainer, Projektleiterin von „Nachbarschaftshilfe Plus“ eine erste Bilanz. Vor allem Fahr- und Begleitdienste zur medizinischen Versorgung sowie Einkaufs- und Besuchsdienste werden in Anspruch genommen. 450 Klienten greifen auf das Angebot zurück. Besonders gut funktioniere die Nachbarschaftshilfe Plus in jenen Gemeinden, in denen sich auch der Bürgermeister engagiere, sagt Rainer. In den „neuen“ Gemeinden Nickelsdorf und Hirm etwa laufe das Projekt schon sehr gut, sagt die Leiterin, in anderen Kommunen sei die Anlaufzeit eine längere.
Unterstützung kommt vom Land: Auch für 2020 wurde eine Kofinanzierung zugesichert.
Auch wenn die Eingliederung der neuen Mitgliedsgemeinden ein großes Stück Arbeit sei, werden 2020 vier weitere Kommunen die Nachbarschaftshilfe Plus anbieten. Neben Eisenstadt sind das Zillingtal, Draßmarkt und Mischendorf. „Unser Ziel ist es, dass ältere Menschen so lange wie möglich zu Hause bleiben können.“ Um die Versorgung der älteren Generation in den eigenen vier Wänden zu gewährleisten, werde Freiwilligenarbeit gefragt sein, ist Rainer überzeugt. Sie gelte es wertzuschätzen. „Ohne die Ehrenamtlichen wird in Zukunft wahrscheinlich nichts gehen.“