Chronik/Burgenland

Landesrechnungshof darf nicht mehr überall hineinschauen

ÖVP-Landesgeschäftsführer Christoph Wolf fühlt sich an „dunkle Zeiten der Geschichte“ erinnert, die grüne Landessprecherin Regina Petrik warnt vor einer „autoritären Wende“ und selbst der dem roten Landeshauptmann grundsätzlich recht wohlwollend gegenüberstehende LBL-Chef Manfred Kölly ist „ein bissl frustriert“ über Hans Peter Doskozil, „der sagt, ich mache was ich will“.

Die vereinigte Opposition sieht den „Landtag zu 100 Prozent missachtet“, wie ÖVP-Mandatar Markus Ulram Mittwochmittag in einer eilends einberufenen Pressekonferenz sekundierte. Denn der Landesrechnungshof (BLRH) – das wichtigste Hilfsorgan des Landtags, das die Gebarung des Landes, landesnaher Unternehmen und der Gemeinden prüft – werde in seiner Tätigkeit massiv beschnitten. Dafür verantwortlich sei der seit sechs Wochen amtierende Doskozil. Ob man rechtlich dagegen vorgehen kann, will die Opposition ermitteln.

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„Schwarz-Weiß statt Farb-TV“

Was ist passiert? Landesrechnungshof-Direktor Andreas Mihalits – übrigens wie Doskozil früher im Büro von Alt-LH Hans Niessl tätig – hatte alle 36 Landtagsabgeordneten Mittwochfrüh über die „Einschränkung des BLRH beim Zugang zum Buchhaltungssystem (SAP) des Landes“ informiert. Diese Einschränkung widerspräche dem Landesrechnungshof-Gesetz, wonach die „überprüfte Stelle (...) jedem (...) Verlangen des Landes-Rechnungshofs unverzüglich, wahrheitsgemäß und vollständig zu entsprechen“ habe.

Der permanente SAP-Zugang sei als Folge des Salzburger Finanzskandals 2012 eingerichtet worden und habe auch die Zustimmung des damaligen Landeshauptmanns Niessl gefunden. Dem Landtag und damit dem Steuerzahler konnte so „mehr Transparenz in Form von tiefergehenden Informationen“ geliefert werden, so Rechnungshof-Direktor Mihalits. Diese Praxis habe das Land „ohne Vorankündigung per 20. März 2019 durch Entzug der relevanten SAP-Nutzungsberechtigungen für den Landesrechnungshof unterbunden“.

Ob das Land den an keine Weisungen der Verwaltung gebundenen Landesrechnungshof damit hinterrücks an die Kandare nehmen möchte, wollte der KURIER von Mihalits wissen? Der 2012 für zehn Jahre (ohne Möglichkeit der Verlängerung) bestellte oberste Prüfer wollte das nicht kommentieren, verwies aber auf die Konsequenzen der „durch den Landeshauptmann angeordneten Einschränkung“: Längere Prüfungsdauer, weniger Berichte und vor allem: Die Entscheidung, was die Prüfer einsehen dürfen, treffe letztlich nicht mehr der BLRH, sondern die Verwaltung, also die geprüfte Stelle selbst.

Das sei ein massiver Rückschritt, von der Mehr- zur Eindimensionalität oder vom Farb-TV zum Schwarz-Weiß-Bild, formuliert der Rechnungshof-Chef. Der Burgenländische Rechnungshof sei bisher mit Kärnten und der Steiermark „top gewesen und wird nun nach hinten durchgereicht“, befürchtet Mihalits. Auch andere Landesrechnungshöfe seien nun hellhörig, ob das pannonische Modell Schule mache.

Im Doskozil-Büro hält man die Kritik für maßlos überzogen und absurd: Aufgrund der vor rund einem Jahr in Kraft getretenen EU-Grundverordnung zum Datenschutz fehle das rechtliche Fundament für den uneingeschränkten SAP-Zugang. „Auch Polizei und Staatsanwaltschaft können nicht überall hineinschauen“, wird argumentiert.

Trotzdem habe Doskozil dem Rechnungshof-Direktor eine Nachjustierung der gesetzlichen Grundlagen in Aussicht gestellt, um künftig wieder den vollen SAP-Zugang zu ermöglichen.