Chronik/Burgenland

Kunterbunt ist neues Schwarz-Blau

Zeige mir deine Gegner und ich sage dir, wie stark du bist: Als Hans Niessl 2000 mit 100 Prozent Zustimmung erstmals SPÖ-Spitzenkandidat für eine Landtagswahl wurde, warnte er vor "Schwarz-Blau" – damals rechnerisch möglich und vor dem Hintergrund des Bank-Burgenland-Desasters politisch denkbar. Das Ergebnis ist Geschichte: Die SPÖ legte zu, Niessl rettete seiner Partei den seit 1964 gehaltenen Landeshauptmannsessel.

Als der mittlerweile 63-jährige Niessl gestern, Samstag, beim Landesparteirat in Steinbrunn von 153 Delegierten abermals mit 100 Prozent an die Spitze der Landesliste gesetzt wurde, musste der Landesparteichef schon eine "kunterbunte Koalition" an die Wand malen, um die Genossen für den Landtagswahlkampf zu mobilisieren.

Schreckgespenst

Mit Verweis auf Wr. Neustadt, wo ÖVP, FPÖ, Grüne und zwei Listen die seit 70 Jahren regierende SPÖ abgelöst haben, mahnte Niessl im Landessportzentrum Viva, es gehe bei der Wahl Ende Mai "um alles". Nach Abschaffung des Proporzes könnte die SPÖ über Nacht vor dem politischen Nichts stehen – den Landeshauptmann verlieren und aus der Regierung fliegen. Erst die Verteidigung der jetzigen 18 Mandate im 36-köpfigen Landtag garantiere, dass es keine "Mehrheit gegen die Sozialdemokratie" gebe. Niessl: "Das ist das ganz große Ziel". Derzeit liege die SPÖ "in Umfragen bei 17 Mandaten". Bliebe es bis zum Abend des 31. Mai dabei, würde ÖVP-Chef Franz Steindl im Landtag eine Mehrheit suchen, wiederholte Niessl seine Befürchtung, die ÖVP könnte "tricksen". Dass die Grünen im Burgenland mit der FPÖ koalieren würden, hat Grünen-Chefin Regina Petrik noch am Samstag umgehend und zum wiederholten Male ausgeschlossen. Und ÖVP-Parteimanager Christian Sagartz ist überzeugt, dass eigentlich "die SPÖ ungeniert eine Koalition mit der FPÖ" vorbereite.

Trennlinien

Welche Koalition die SPÖ anstrebt? Man werde, wie in einer internen Umfrage mit großer Mehrheit gewünscht, zunächst mit allen reden. Zu Blauen und Grünen zog Niessl in seiner 50-minütigen Rede "Trennlinien", die Zusammenarbeit ausschließen könnten – zur VP nicht.

"Asyl ist ein Menschenrecht, das unterscheidet uns klar von der FPÖ", sagte Niessl und präzisierte, das gelte für Kriegsflüchtlinge, die um ihr Leben bangen, nicht für Wirtschaftsflüchtlinge, etwa aus "sicheren Drittstaaten wie dem Kosovo". Die Grünen wären schwerlich ein Partner, solange sie große Straßenbauten ablehnten und den Dieselpreis anheben wollten.

Oberstes SPÖ-Ziel sei es Vollbeschäftigung zu schaffen. Niessl: "Daran werden wir 2020 gemessen".

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