„Kadaver“-Sager von Wolf regt auf: Harte Rededuelle bei Sondersitzung
Von Michael Pekovics
Das Ergebnis des Sonderlandtags vorweg: Der dringliche Antrag der Opposition, den Zugang des Landes-Rechnungshofes (BLRH) zum Buchhaltungssystem des Landes unverzüglich wiederherzustellen, wurde von den Regierungsparteien abgelehnt. Zustimmung erhielt hingegen der Abänderungsantrag des SPÖ-Abgeordneten Peter Rezar der besagt, dass Landtagspräsidentin Verena Dunst (SPÖ) unter Beiziehung externer Experten „die rechtliche Zulässigkeit eines auftragsunabhängigen Zugriffs“ prüfen soll.
Sollte sich herausstellen, dass dieser Zugriff trotz Datenschutzgrundverordnung zulässig sei, werde die Landesregierung eine Regierungsvorlage erarbeiten, die den permanenten Zugriff gewährleiste. „Niemand steht über dem Datenschutz, auch der Rechnungshof nicht“, betonte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). „Unser einziges Ansinnen ist, dass diese Datenübermittlung, soll sie auch in Zukunft permanent sein, eine gesetzliche Basis haben muss - nicht mehr und nicht weniger. Derzeit hat sie sie nicht“, sagte der Landeshauptmann.
Im Rahmen seiner aktuellen Prüfung habe der Rechnungshof auch derzeit einen uneingeschränkten Zugang. Aber er wehre sich dagegen, „dass es einen permanenten Zugriff gibt“. Man werde die Opposition einladen, „die Rechnungshof-Situation aus unserer Sicht auf gesetzlich ordentliche Beine zu stellen“, kündigte Doskozil an.
Reaktionen der Opposition
ÖVP-Landesparteiobmann Thomas Steiner sah durch die Maßnahme der Landesregierung, den permanenten Zugang des BLRH zum SAP-Buchhaltungssystem des Landes zu kappen, den Versuch, die verfassungsmäßige Kontrolle einzuschränken. Was und in welcher Intensität geprüft werde, liege künftig nicht mehr beim Landes-Rechnungshof, sondern in einem besonders ausgeprägten Maß bei der geprüften Stelle. Das könne nicht der Wille der gewählten 36 Abgeordneten sein.
Der parteifreie Abgeordnete Gerhard Steier ortete hinsichtlich des eingeschränkten SAP-Zugangs den „ersten Schritt in Richtung illiberaler demokratischer Formen“. „Statt mehr Transparenz geht es im Rückwärtsgang eigentlich in dunkle Zeiten“, meinte Manfred Kölly vom Bündnis Liste Burgenland (LBL). „Keinen sachlichen Grund“ für die Einschränkung konnte Wolfgang Spitzmüller von den Grünen erblicken. Der Landes-Rechnungshof arbeite „zuverlässig und gut. Wir brauchen seine Expertise uneingeschränkt und nicht eingeschränkt.“
"FPÖ hat blütenweiße Weste"
Die FPÖ habe in Bezug auf die parlamentarische Kontrolle und im Verhältnis zum Landes-Rechnungshof „eine blütenweiße Weste“, stellte FPÖ-Klubobmann Geza Molnar fest. Der BLRH verfüge über mehr Budget und Personal denn je, verwies er auf einen Beschluss im Rechnungshofausschuss vom Mittwoch. In einem Gespräch der Landtagspräsidenten mit den Klubobleuten habe man sich bereits am Mittwoch auf die Beiziehung externer Experten geeinigt. Eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes hinsichtlich des SAP-Zuganges sei „klares Ziel“ von Regierung und Opposition.
Dass der Landes-Rechnungshof keinen Datenzugriff mehr habe, sei unterm Strich „eine klare Prüfungsbehinderung“, argumentierte ÖVP-Landesgeschäftsführer Christoph Wolf. Uneingeschränkter Zugang zu den Unterlagen des Landes sei wichtig: „Der Prüfer sagt, was geprüft wird und niemand anderer.“ Bei der Prüfung dürfe sich der Rechnungshof gesetzlich gedeckt „alles anschauen“, stellte Wolf fest: „Nur bei der Veröffentlichung muss er aufpassen.“
Kadaver-Sager von Wolf
Für Aufregung sorgte eine Aussage von ÖVP-Abgeordneten Christoph Wolf, der laut Protokoll (liegt dem KURIER vor, Anm.) zu Dunst sagte: „Sie stellen sich in den frommen Kadavergehorsam hinter den Landeshauptmann.“ Im Anschluss lieferte er auch die Definition des Begriffes: „Als Kadavergehorsam bezeichnet man einen Gehorsam, bei dem der Gehorchende sich einem fremden Willen uneingeschränkt wie ein willenloser Kadaver unterwirft.“
Ordnungsruf von Dunst gab es dafür keinen, wohl aber die Aufforderung von SPÖ-Landesgeschäftsführer Christian Dax, sich für diese „Entgleisung“ zu entschuldigen: „Eine bodenlose Frechheit unter der Gürtellinie. Das hat weder mit anständiger Diskussionskultur noch mit lebendigem Parlamentarismus etwas zu tun.“ SPÖ-Klubobfrau Ingrid Salamon ergänzte: „Alles was die Regierung will, ist Rechtssicherheit. Alles was die Opposition will, ist eine Schlagzeile.“