Chronik/Burgenland

Herrin der Glocken seit 49 Jahren

Fünf Minuten braucht Rosa Gruber von ihrem Haus zur Kirche. Dreimal täglich geht sie diesen Weg. Denn ohne sie läuten die Glocken der Kirche in Unterkohlstätten nicht. "Ich mache das schon gern, es ist mir direkt ein Vergnügen", erklärt die 74-Jährige. Seit 49 Jahren ist sie für das tägliche Geläut zuständig. "Ich habe das von meinen Schwiegereltern geerbt, die haben das schon seit Anfang der 1930er Jahre gemacht", erinnert sich Gruber. Gefehlt habe sie nicht oft, aber zur Not übernimmt ihre Schwester die Tätigkeit.

Pünktlichkeit ist das oberste Gebot. Bei jedem Wetter ist die rüstige Pensionistin unterwegs. "Außer bei Gewittern. Bei Donner und Blitz lasse ich das Läuten", sagt Gruber.

Zeitplan

Geläutet wird um sechs Uhr Früh, um zwölf Uhr mittags und um halb acht abends, im Winter schon um halb sieben. Früher sei es im Winter besonders mühsam gewesen. "Damals musste ich oft durch den tiefen Schnee stapfen, heute wird wenigstens der Schnee geräumt", sagt die Glöcknerin. Trotzdem sei es schön, schon so früh unterwegs zu sein. "Alles ist noch finster und nur vereinzelt brennen Lichter."

Bei Hochzeiten und Begräbnissen kommt die 74-Jährige ebenfalls zum Einsatz. "Wenn der Sarg auf dem Weg zum Friedhof ist, läute ich drei Mal zehn Minuten." Dann bedient sie nur die Zinnglocke. Beim "Kirchenzusammenläuten" am Sonntag habe sie meistens Hilfe, "die große Glocke ist ganz schön schwer".

In den meisten Gemeinden des Burgenlandes erledigt Elektronik das tägliche Glockengeläut. Auch in Unterkohlstätten werde überlegt, ob man die Glocke im Kirchturm nicht elektronisch steuern sollte. Vizebürgermeister Martin Holzschuster freut sich, dass sich Frau Gruber so für Unterkohlstätten einsetzt: "So lange sie das macht, wird es beibehalten, so wird die Tradition gepflegt."

Nachfolgerin für Rosa Gruber gäbe es vermutlich keine. "Wer will sich das heute noch antun", sagt die 74-Jährige. Trotzdem wolle sie weitermachen, so lange es ihr möglich ist.