Ein Zuhause für Obdachlose
Von Georg Gesellmann
Man kann es drehen und wenden wie man will. Die Bewohner der Eisenstädter Notschlafstelle Freiraum Pannonia in der Meierhofgasse 4, wo einst Minister Franz Soronics wohnte, von den Esterházy gekauft, sind Gentlemen – 14 an der Zahl. Jeder auf seine Art. Am Opernball hätten sie vielleicht keine gute Figur abgegeben, aber der „interessiert mich wirklich nicht“, sagt Marco, 19 Jahre jung.
Seit einigen Wochen wohnt Marco – auf Zuruf der Bewährungshilfe – in der Meierhofgasse. „Eine Blödheit“ sie ihm passiert. Vor einigen Jahren hat er geglaubt, mit zwei Freunden ein Auto demolieren zu müssen. Drei Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt sind herausgekommen.
Marco ist auf jeden Fall auf dem Weg der Besserung. Denn dieser Woche setzt er die Schlosserlehre, die er nach seinem „Blödsinn“ unterbrechen musste, im BUZ Neutal fort. „Was kann mir Besseres passieren als eine Ausbildung zu bekommen“, sagt Marco und blickt zu Rene.
Leintücher statt Glas
Dass die Glaseinsätze der Türen in der Meierhofgasse 4 mit einem Leintuch verhangen sind, hängt damit zusammen, dass es manchmal zu Unstimmigkeiten zwischen den Bewohnern gekommen ist. Man sollte es nicht zu eng sehen. „Glaub’ mir, das haben wir immer schnell im Griff“, sagt der 61-jährige Attila, „wenn es zu Wickeln kommt“. Die „Streithansln“ werden getrennt und der Tag nimmt seinen normalen Gang. Alkohol ist dabei selten im Spiel, bei ein, zwei Bier werden beide Augen zugedrückt.
Robert Tobler kümmert sich um die Abläufe im Freiraum Pannonia: „Es ist nicht einfach, wie man sich vorstellen kann“. Er arbeitet am Limit, auch wenn er es nicht sagt. Tobler gibt die Hoffnung nicht auf, dass vielleicht die Politik ein wenig Geld in die Hand für Menschen, die kein zu Hause haben, nimmt. „Wir wollen keine Millionen.“
Laut Gerlinde Stern-Pauer, Büroleiterin von Soziallandesrates Peter Rezar, habe der Freiraum Pannonia um keine Unterstützung angesucht: „Wenn ein konkretes Angebot kommt wird die Fachabteilung überprüfen, ob das konkrete Projekt gefördert werden kann.“ Außerdem gebe es im Burgenland „kein virulentes Obdachlosenproblem“ wie etwa in Großstädten.
Caritas wird aktiv
Caritas Direktorin Edith Pinter sieht das differenzierter: „In den letzten Monaten stehen immer mehr notleidende Menschen vor den Türen den Caritas. Die Zahl jener Menschen, die nicht wissen, wo sie in der nächsten Nacht Unterschlupf finden ist gestiegen.“ Die Caritas habe sich entschlossen noch in diesem Jahr ein Angebot für Betroffene zu schaffen.
Mit Stand von vergangener Woche gibt es im Burgenland 2215 Bezieher einer bedarfsorientierten Mindestsicherung, 728 davon sind Kinder. Die Armutsgefährdungsquote liegt laut Gerlinde Stern-Pauer, Büroleiterin von Soziallandesrat Peter Rezar, mit 10,7 Prozent unter dem österreichischen Durchschnitt, der bei 12,5 liegt.
Waren 2005 noch 43.000 Burgenländer armutsgefährdet so sind es nach dem kürzlich präsentierten Bericht 30.000. Alle Menschen, die bedürftig sind (unabhängig von einer eventuellen Obdachlosigkeit), haben Anspruch auf Mindestsicherung oder auf Sozialhilfe (wenn sie nicht arbeitsfähig sind). In diesen Fällen stehen ihnen 795 Euro zur Verfügung. Das ist dieselbe Summe, die Mindestrentner bekommen.
Das Burgenland sei für eine zentral erreichbare eigene Obdachloseneinrichtung einerseits zu klein, aber gleichzeitig auch zu groß, was bei potenzieller Obdachlosigkeit die Erreichbarkeit einer zentralen Einrichtung betrifft, so Stern-Pauer. Es gebe aber immer wieder Menschen, die zwischendurch einen Wohnbedarf benötigen – z.B. Männer nach einer Wegweisung oder nach einem Gefängnisaufenthalt – doch das sei meistens nur kurzfristig. Diese burgenländischen Männer – sofern sie sich persönlich bei den Sozialreferaten melden – werden auf Kosten der Sozialhilfe in Pensionen oder Gasthäusern untergebracht. Vereinzelt zahlen die Sozialreferate auch die Unterbringung im Männerwohnheim in Wr. Neustadt, so Stern-Pauer.