Chronik/Burgenland

Ein Winzer lässt den Wein tanzen

"Und irgendwann bleib i dann dort, lass' alles lieg'n und steh'n, geh' von daheim für immer fort." In ihrem Hit besingen S.T.S. zwar eine Insel, mit ihrem Text sprechen sie aber vielen jungen Burgenländern aus der Seele. Mangelnde Ausbildungsmöglichkeiten sowie fehlende Arbeitsplätze seien die Hauptgründe, warum junge Menschen ihren Heimatgemeinden den Rücken kehren, sagt Andreas Kreutzer von Kreutzer Fischer & Partner, der mit seiner Beratungsfirma bereits mehrere Studien zum Thema Abwanderung im Burgenland verfasst hat. "Die meisten gehen zum Studieren nach Wien oder Graz und wenn sie mit der Ausbildung fertig sind, gibt es in ihrer alten Heimat selten einen Arbeitsplatz", sagt Kreutzer. Bei Lehrlingen sei die Situation nicht viel anders. "Die Betriebe sind zu klein, bilden meist nur einen Lehrling aus."

Entgegen dem Abwanderungstrend gibt es aber auch solche, die sich in ihrer Heimat eine Existenz aufbauen. Die neue KURIER-Serie will genau diese "Jungen Wilden" vor den Vorhang holen.

Den Anfang macht Fabian Sloboda aus Podersdorf. Der 29-Jährige ist leidenschaftlicher Winzer und Heurigenwirt. Dass er seiner Heimatgemeinde einmal den Rücken kehrt, war für ihn nie ein Thema. "Das, was viele als Vorzug der Stadt sehen – die Anonymität – wäre für mich kein Zugewinn. Ich finde es großartig, wenn man die Menschen und ihre Geschichten kennt. Deswegen bin ich auch gerne Heurigenwirt. Ich erzähle gerne, höre aber auch gerne zu. Und wenn ich etwas erleben will, besuche ich meine Wirtskollegen in Podersdorf", sagt er.

Sloboda ist Winzer in dritter Generation. Schon früh stand für ihn fest, dass er den elterlichen Betrieb einmal weiterführen will. "Winzer zu werden oder nicht – diese Frage hat sich mir nie gestellt. Die Frage war, was für ein Winzer ich werden will. Möchte ich "klassisch" meinen Beruf ausüben oder will ich nutzen, was man dem Wein immer schon nachsagt: Dass er die Menschen und ihre Fantasie anregt, ihnen Lebensfreude schenkt."

Wein- statt Schnapsidee

Die Fantasie hat der Wein bei Sloboda junior definitiv angeregt. Mit seinem Projekt "Wellentänzer" – eine Boje, gefüllt mit 600 Liter Wein, die im Neusiedler See versenkt wurde – hat er vor wenigen Wochen über die Landesgrenzen hinaus für Aufsehen gesorgt. "In der Volksschule wollte ich Erfinder werden. Ich war schon immer neugierig und durch den Wellentänzer konnte ich Fantasie und Forschungsaspekt miteinfließen lassen. Insofern war der Wellentänzer keine Schnaps-, sondern eine wohlüberlegte Weinidee."

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Das Projekt hat er gemeinsam mit dem Golser Künstler Nikolaus Eberstaller auf die Beine gestellt. Die Idee dahinter: "Wenn sich Hefe bewegt, entsteht eine andere Aromatik. Im Weinkeller müssen wir auch aufrühren. Portwein, der verschifft wurde, hat am besten aus Fässern geschmeckt, die vorne im Schiff gelegen sind. Diese waren dem Wellengang mehr ausgesetzt als die anderen", sagt der Jungwinzer. Zu Martini wurde das Fass mit 600 Litern Grauburgunder im Neusiedler See versenkt. Zu Ostern soll es wieder herausgeholt werden. Danach folgt eine Blindverkostung. "Als Gegenprobe haben wir die selbe Menge Grauburgunder im Keller gelagert. Außerdem wird alles technisch analysiert. Wir sind gespannt, was herauskommt."

Am Landleben schätzt Sloboda den Zusammenhalt: "Im Zuge des Wellentänzer-Projekts unterstützen mich Freunde mit Rat und Tat. Viele sind Winzer oder Gastronomen: Wir sehen Mitbewerb nicht als etwas Bedrohliches, sondern Erfreuliches."