"Ein begehrtes Pflaster": Der Landesnorden wird zum Hotspot
Der mögliche Zuzug von bis zu 400 Personen sorgt derzeit in Jois für Aufregung. Etwa 90 neue Wohnungen und Reihenhäuser sowie 35 Einfamilienhäuser sollen, wie berichtet, in den kommenden zehn Jahren in der 1560-Seelen-Gemeinde entstehen. Jois ist damit kein Einzelfall: Die Region rund um den Neusiedler See wird als erweiterter Speckgürtel um Wien nicht nur für Pendler immer interessanter.
Die gute Verkehrsanbindung durch die Ostautobahn, die rasche Erreichbarkeit der Bundeshauptstadt per Zug, aber auch die gute Lebensqualität mache den Landesnorden zu einem "begehrten Pflaster", sagt Günter Buchinger, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder. "Von Neusiedl am See ist man in 25 Minuten in Wien, hat den See vor der Tür und mit den Festspielen ein kulturelles Angebot." Allerdings, erklärt Buchinger, "hat sich das Burgenland bisher unter seinem Wert geschlagen".
"Unter Wert"
Während der Quadratmeterpreis in Wien "in einem halbwegs guten Wohnbezirk" bei etwa 4000 Euro liege, biete die Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG) in Eisenstadt neue Wohnungen in bester Lage für 2500€/m² an. Bei den Grundstücken in Eisenstadt oder Neusiedl in Top-Lage müsse man vergleichsweise "nur" rund 200 bis 250 Euro berappen.
Die OSG hat das Potenzial erkannt. Nicht nur in Jois will die OSG neuen Wohnraum schaffen. "Allein im Bezirk Neusiedl am See sind derzeit 365 Wohnungen und Reihenhäuser in Bau", sagt OSG-Geschäftsführer Alfred Kollar. Zum Vergleich: In den vier südlichen Bezirken Oberpullendorf, Oberwart, Güssing und Jennersdorf zusammen werden 337 Wohnungen geschaffen.
Der Landesnorden, sagt Kollar, werde in den kommenden Jahren – mit einem prognostizierten Zuwachs von bis zu 20.000 Personen – zu den "am stärksten wachsenden Regionen Österreichs" zählen. Die Zuzügler kommen aus Wien, der Slowakei, aus Ungarn und aus dem Burgenland. Auch Bruckneudorf zählt zu den Hotspots: Hier baut die OSG aktuell an ihrer bisher größten Wohnhausanlage mit 100 Einheiten. Bürgermeister Manfred Dreiszker beobachtet die Entwicklung "mit gemischten Gefühlen". "Da kommen wir mit der Infrastruktur schon an unsere Grenzen."
Lachend und weinend
Parndorfs Bürgermeister Wolfgang Kovacs ergeht es ähnlich. Die Einwohnerzahl hat sich in den letzten 20 Jahren auf 4700 verdoppelt. "Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge." Einerseits bringen der Gemeinde die rund 4000 Arbeitsplätze sowie die neuen Gemeindebewohner Geld. Andererseits muss viel für Infrastruktur ausgegeben werden. 3,5 Mio.€ hat Parndorf erst in den Bau eines dritten Kindergartens investiert, ebenso viel in den Ausbau der Schule. "Bei uns gibt‘s drei praktische Ärzte und etliche Gasthäuser. Wenn anderswo das letzte Wirtshaus zusperrt, bin ich wieder froh, dass das bei uns nicht so ist."