"Ehrenmänner" wehren sich gegen Vorwurf "Luftschlösser" zu bauen
Von Thomas Orovits
Da waren’s nur noch zehn: Der Bewag-Prozess begann am Montag ohne den Angeklagten Paul Hochegger. Dass die Verteidiger des schwer erkrankten früheren Agenturchefs nicht vorher Bescheid gegeben hatten, sorgte bei Richterin Karin Lückl für Unmut. Dennoch wurde es auf den Beschuldigten-Bänken im Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Eisenstadt ungemütlich eng. Neben den beiden früheren Bewag-Vorständen Hans Lukits und Josef Münzenrieder mussten zwei noch aktive Manager der Bewag-Nachfolgerin Energie Burgenland, zwei pensionierte Ex-Manager und drei ehemalige Hochegger-Mitarbeiter Platz nehmen. Der letzte im Bunde outete sich als Opfer des Prozesses, ehe dieser begonnen hatte: Der frühere Bewag-Geschäftsführer war zuletzt bei einer Bank beschäftigt – die hatte ihn gekündigt, als der Strafprozess ruchbar wurde...
Bestechung vermutet
Die mit zwei Oberstaatsanwälten angerückte Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft den neun Männern und einer Frau im Zusammenhang mit einem geplanten, aber nie gebauten Windpark im ungarischen Bogyoszlò Untreue und Bestechung vor. Schaden: 180.000 bis 3,3 Millionen Euro. Alle weisen die Anschuldigungen zurück und bekennen sich "nicht schuldig".
Statt Windparks seien "Luftschlösser" entstanden, ätzte Ankläger Günter Gößler und sein Kollege Wolfgang Handler, der Lukits und Münzenrieder vorwarf, den Aufsichtsrat sechs Mal belogen zu haben, textete: "Luft, Lobbying und Lügen". Für das 2003 gestartete Projekt Bogyoszlò mit 44 Megawatt Leistung fehlte 2007 immer noch Entscheidendes – ein direkter Netzanschluss und die Einspeislizenz. Eine Hochegger-Firma sollte sich bei Netzbetreiber E.ON und der ungarischen Energieagentur darum kümmern. Die WKStA vermutet, dass zwei Bewag-Zahlungen an Hochegger 2008 über 180.000 und eine Million Euro dazu dienten, Beamte bei E.ON und Energieagentur "zu schmieren". Was tatsächlich mit dem Geld passierte, "können wir nicht sagen", räumte Gößler ein. Es wurde über Zypern nach Liechtenstein geschickt und bar abgehoben. "Es gibt keine Bestechung", konterte Lukits-Verteidiger Gerhard Schilcher. Die Anklage gehe vielfach "von reinen Vermutungen aus, Sachbeweise fehlen". Lukits hätte Bestechung "nie toleriert, er ist ein Ehrenmann". Für Münzenrieder-Anwalt Mirko Matkovits hat sich die WKStA "durch die Bewag instrumentalisieren lassen", denn in Wahrheit gehe es um eine "Abrechnung". Lukits und Münzenrieder hätten die Bewag Ende 2010 verlassen und "relativ hohe Ansprüche". Die seien im seit Jahren laufenden Zivilverfahren aber immer noch unerfüllt.