Chronik/Burgenland

Doskozil: „Volk soll Landeschef wählen“

 

Am 15. November hält SPÖ-Finanzlandesrat Hans Peter Doskozil seine erste Budgetrede und legt einen ausgeglichenen Landeshaushalt mit Einnahmen und Ausgaben von je 1,16 Milliarden Euro vor. Der designierte Landeshauptmann spricht im Interview über Zins-Swaps, den Mindestlohn von 1700 Euro netto im Landesdienst und Koalitionen.

KURIER: Fließen Milch und Honig oder folgen magere Jahre? Hans Peter Doskozil: Die Landesfinanzen sind stabil, wir schaffen zudem einen Spielraum von sieben bis acht Millionen Euro.

Was passiert mit dem Geld? Wenn man zu Hause pflegende Angehörige sozialversichern will, wird das etwas kosten. Eine Arbeitsgruppe soll sich umfassend mit der Pflege befassen. Ich bin dafür, Pflege auf gemeinnützige Beine zu stellen, damit sollte kein Gewinn erwirtschaftet werden dürfen. Den zweiten Schwerpunkt gibt es beim Englischunterricht in der Volksschule.

Laut Landesrechnungshof beträgt das Minus der Zinstausch-Geschäfte (Swaps) seit 2003 rund 51,3 Millionen Euro. Wollen Sie aussteigen? Wir haben die Judikatur zur Swap-Problematik in Linz und anderen Städten analysiert und Gutachten eingeholt. Jetzt geht es darum, mit den Banken (Anmerkung: Bawag PSK, BA-CA, Heta als Nachfolgerin der Hypo-Alpe-Adria und RLB NÖ-Wien) Gespräche zu beginnen.

Wann gibt‘s eine Entscheidung? Wenn wir eine einvernehmliche Lösung erreichen, was ich anstrebe, kann es ein paar Monate dauern. Steigen die Banken nicht ein, werden wir unseren Rechtsstandpunkt bis zur letzten Konsequenz vertreten. Weil die Judikatur der letzten Jahre sehr kundenfreundlich ist, haben wir keinen schlechten Stand.

Am Ende des Tages wird dem Land aber ein Verlust bleiben? Das muss nicht sein, schauen wir einmal. Schließt das Land in Ihrer Verantwortung neue Swaps ab? Sicher nicht. Bei Finanzgeschäften bin ich eher konservativ. Es wird auch bei der Finanzierung des Spitals in Oberwart keine Experimente geben, sondern die günstigste Variante – auch wenn das möglicherweise das Budget belastet. Die Bundesfinanzierungsagentur dürfte das günstigste Angebot haben.

Sie wollen im Land und landesnahen Bereich einen Mindestlohn von 1700 Euro netto, wie wirkt sich das aufs Budget aus? Aufs nächstjährige gar nicht, weil die 1700 Euro erst am 1. Jänner 2020 gelten sollen. Noch gibt es keine Berechnung der Kosten. Aber es ist billiger, Reinigungskräfte direkt beim Land zu beschäftigen, statt über Fremdfirmen. Da sieht man, wie krank das System der Privatisierungen ist.

Saugt das Land nicht Facharbeiter ab? Ein junger Handwerker, der 1800 Euro verdient, will vielleicht lieber in den Landesdienst, wo es gemütlicher ist. Ich glaube nicht, dass wir die Leute abziehen, gemütlicher ist es sicher nicht. Bei uns muss man genauso Leistung bringen. Das wird man im Straßenbau sehen, wenn wir wieder mehr selbst bauen. Ich möchte aber keine Neiddebatte, sondern grundsätzlich diskutieren, was ein Mensch, der 40 Stunden pro Woche arbeitet, verdienen soll, um ordentlich leben zu können. Auch im privaten Sektor sollen Löhne und Gehälter steigen.

Sie wollen mit der Initiative im Land auch auf die Privatwirtschaft Druck ausüben? Selbstverständlich. Wer hart arbeitet, soll vom Einkommen leben können.

Neben dem Mindestlohn wollen Sie 100 Prozent Biolandwirtschaft. Sie machen „grün-linke Fundipolitik“, die Sie Ex-Bundes-SPÖ-Chef Kern vorwarfen? Einerseits für Biolandwirtschaft zu sein und andererseits dafür einzutreten, dass die Menschen von ihrem Einkommen leben können und drittens eine Sicherheitspolitik zu vertreten, die den sozialen Zusammenhalt und die wirtschaftlichen Erfolge absichert, ist kein Widerspruch. Die Menschen wollen für ihre Lebensbereiche Lösungen haben. Links-rechts-Kategorisierungen helfen da nicht.

Aber Sie setzen mit ihrem Lob für die Sozialpartnerschaft und den starken Staat auf traditionell linke Themen. Österreich ist mit der Sozialpartnerschaft gut gefahren. Das ist eine Politik der Mitte. Jetzt schlägt das Pendel stark in Richtung Wirtschaft und Industrie aus. Wo die Sozialdemokratie Verantwortung trägt, muss sie ein Gegenmodell gegen die grassierende Privatisierung erarbeiten.

Sind Sie nach der Landtagswahl 2020 nicht dazu verdammt, die rot-blaue Koalition fortzusetzen – als Fuß in der Tür für eine rot-blaue Option im Bund? Erst wird gewählt, dann kann man über Koalitionen reden. Grundsätzlich gilt, dass es neben der inhaltlichen Übereinstimmung ein faires Miteinander ohne Tricksereien geben muss. Wenn beide Parameter erfüllt sind, ergibt sich der Koalitionspartner. Derzeit funktioniert es mit der FPÖ sehr gut.

Dass Norbert Hofer 2020 doch nicht im Burgenland antritt, hat Sie aber sicher gefreut? Das ist mir komplett egal. Die Entscheidung von Hofer hat damit zu tun, dass er 2022 unbedingt Bundespräsident werden will.

Dass die SPÖ der Ausweitung der Sicherheitspartner der FPÖ zugestimmt hat, ist keine Vorleistung für eine Fortsetzung? Die Sicherheitspartner sind im Koalitionspakt verankert; wenn man sich was ausmacht, muss man das auch umsetzen.

Am 28. Februar 2019 steht Ihre Wahl zum Landeshauptmann an. Werben Sie auch um Stimmen von ÖVP und Grünen? Mir geht es um die Mehrheit durch die Koalition, nicht um einen Wettlauf um Stimmen der Opposition. Überhaupt ist ja entscheidend, was die Menschen im Burgenland wollen. Deshalb trete ich dafür ein, dass der Landeshauptmann 2020 direkt vom Volk gewählt werden soll.

Dazu wäre aber eine Änderung der Bundesverfassung nötig? Ja, aber das wäre eine sehr sinnvolle Änderung.

An diesem Tag steht auch schon Ihr neues Team? Ja, das Team, mit dem wir in die Wahl 2020 gehen. Das Regierungsmitglied, das Ende Februar Hans Niessl nachfolgt, wird am 21. Jänner präsentiert. Dann folgen im Zwei-Wochen-Rhythmus die restlichen Änderungen. Wir werden jünger und weiblicher.

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