Die frühreifen Früchtchen des Burgenlandes
Von Michael Pekovics
Seit gut einem Monat herrscht im Obstbaubetrieb der Familie Leeb in St. Andrä am Zicksee Hochbetrieb. „Bei uns wachsen die frühesten Äpfel von ganz Österreich“, freuen sich Vera und Albert Leeb, die sich vor fünf Jahren voll und ganz der Apfelproduktion verschrieben haben. Piros und Early Gold heißen die frühreifen Sorten, die beim dieswöchigen Apfelfest kredenzt wurden, das wieder zahlreiche Besucher aus nah und fern anlockte.
Klima macht den Apfel
Denn dank der perfekten klimatischen Voraussetzungen ist das Burgenland generell und der Seewinkel speziell nicht nur als klassisches Weinbaugebiet bekannt, sondern bietet auch gute Böden für Apfelkulturen jeglicher Art.
Mit 2.000 Sonnenstunden jährlich, einem Temperaturmittel von 10 Grad Celsius und durchschnittlich 61 Sommertagen mit über 25 Grad ist das Burgenland die wärmste Region Österreichs. Speziell im Seewinkel führt das Zusammenwirken von geringem Niederschlag, hohen Temperaturen, geringer Luftfeuchtigkeit und ständigem Wind zu einer derart hohen Verdunstung, dass es im Sommerhalbjahr während längerer Trockenperioden zu semiariden Bedingungen kommt. Dass also insgesamt mehr Wasser verdunstet, als bei Niederschlägen zu Boden fällt.
In unmittelbarer Nähe des Neusiedler Sees ist die Wirkung der großen Wasserfläche als Temperaturpuffer zu spüren. Besonders aus der Hauptwindrichtung Nordwest gibt der See während der Nacht Wärme und Luftfeuchtigkeit in den Seewinkel ab und trägt so zu einer langen Vegetationsperiode von rund 250 Tagen bei. Dadurch schafft er auch ideale Bedingungen für Wein-, Obst- oder Gemüsebau: Es gibt kaum Spätfröste im Frühjahr, im Sommer kommt es zu keinen extremen Temperaturschwankungen und der Spätsommer gilt als der längste in Österreich. Und angesichts des Klimawandels wird es mittelfristig noch wärmer werden.
Von Nord bis Süd
Im Burgenland gibt es rund 250 Obstbauern, die Äpfel produzieren. Die Hauptanbaugebiete befinden sich im Südburgenland bei Kukmirn oder Neuhaus am Klausenbach, in Klostermarienberg sowie Wiesen im Mittelburgenland und im Bezirk Neusiedl am See.
Auf circa 460 Hektar werden intensiv Tafeläpfel angebaut, extensiv werden rund 1.000 Hektar Streuobstwiesen mit Apfelbäumen bewirtschaftet – vor allem im Südburgenland. Dort gibt es auch noch zahlreiche „vergessene“ Apfelbäume mit teilweise extrem seltenen Sorten.
Brigitte Gerger, Obfrau des Vereins Wieseninitiative, ist ausgewiesene Expertin und hat sich unter anderem dem Erhalt dieser Sorten verschrieben (siehe Zusatzbericht). Einige dieser teilweise nur mehr vereinzelt auf Streuobstwiesen zu findenden Bäume seien für den Klimawandel gewappnet, meint sie: „Die Bäume, die jetzt noch stehen, die passen sicher. Aber nicht jede alte Sorte ist gleich robust, einige werden die Umstellung nicht schaffen.“ Insgesamt sei das sonnenreiche Klima mit warmen Sommern gut für den Apfelanbau. Auch wenn die Ernte heuer insgesamt etwas geringer ausfallen dürfte als 2018.
Die Suche nach alten Apfelsorten
Siebenschläfer, Pogatschäpfel, Maschanzker oder Ilzer Weinler – die Namen einiger bereits fast verschwundener alter Apfelsorten machen neugierig auf deren Geschmack. Beim diesjährigen Apfelkulinarium von 25. bis 27. Oktober auf Burg Forchtenstein gibt es die Möglichkeit, rund 100 davon zu verkosten.
Die Vorbereiten laufen bereits jetzt auf Hochtouren. Denn Brigitte Gerger vom Verein Wieseninitiative und ihr Team sind derzeit auf der Suche nach alten Apfelbäumen auf Streuobstwiesen rund um die Burg Forchtenstein. „Unser Ziel ist die Erhaltung von Wiesen und Streuobstwiesen. Mit dem Apfelkulinarium wollen wir eine große Leistungsschau bieten und so vielleicht wieder mehr Menschen für die Obstverarbeitung motivieren“, sagt Gerger. Denn die Früchte vieler Streuobstwiesen würden einfach nur am Boden verfaulen, weil die Flächen nicht bewirtschaftet werden.
Für das Apfelkulinarium ist Gerger noch auf der Suche – sowohl nach Ausstellern, als auch nach alten Apfelsorten. „Jeder, der einen Apfelbaum auf einem seiner Grundstücke stehen hat und diesen nicht erntet, kann sich melden“, sagt Gerger. Im Gegenzug wird dann von den Experten des Vereins Wieseninitiative bei Bedarf auch die Sorte des jeweiligen Baums bestimmt – und im Jahr darauf dann auch von den Besitzern geerntet, weil die Äpfel so gut schmecken.