Chronik/Burgenland

Dealer versorgten Jugend in Parndorf

Massive Schlaf- und Kreislaufstörungen, erhöhte Körpertemperatur, unterdrücktes Schlaf- und Hungergefühl, aggressives Verhalten und Depressionen: Diese negativen Auswirkungen werden dem Konsum der Droge Metamphetamin – auch bekannt als Crystal Meth und Pico – zugeschrieben. Nicht etwa nach mehrmaligem Einnahmen, sondern schon nach dem ersten Drogenrausch.
Dieses gefährliche Suchtgift sowie andere chemische Substanzen wie Amphetamine und Heroin, aber auch Cannabis wurden im großen Stil von einer Drogenbande an Jugendliche und teilweise minderjährige Abnehmer im Bezirk Neusiedl am See verkauft. Drogenfahnder des Landeskriminalamtes Burgenland haben das illegale Netzwerk aus Produzenten, Schmugglern und Lieferanten in Österreich, Tschechien und der Slowakei nun zerschlagen, sagt der stellvertretende Landespolizeidirektor Generalmajor Werner Fasching.

21 Verdächtige sind in der Justizanstalt Eisenstadt in Haft, darunter neun Verdächtige aus Parndorf. Weitere 80 Personen wurden wegen Handel in geringem Ausmaß und wegen Konsums angezeigt. In Tschechien klickten für einige Produzenten die Handschellen, Festnahmen in der Slowakei wird es in den nächsten Tagen geben, kündigte der Chefermittler des LKA, Ernst Paul Schlaffer, an. Der Verkaufswert der nachgewiesenen Substanzen beträgt rund 820.000 Euro.

Besorgte Familien

Ausschlaggebend für die Ermittlungen waren besorgte Familienmitglieder und Freunde von drogenabhängigen Jugendlichen, die sich an die Exekutive wendeten. Über mehrere Monate hinweg sind die Drogenfahnder der Bande, die mehr als zwei Jahre lang aktiv war, auf die Schliche gekommen. Verkauft wurde das Suchtgift auf mehreren Plätzen im Raum Parndorf sowie auf Raves und in Wohnungen. Die Ermittlungen innerhalb von Parndorf gestalteten sich schwierig, weil sich die Arbeit der Drogenfahnder schnell herumsprach. „Leute waren dann monatelang nicht anzutreffen. Und jene, die noch auf freiem Fuß waren, verabredeten, was sie vor der Polizei sagen wollten und was nicht“, schildert Schlaffer.

Aufklärung

Dass es in Parndorf ein Drogenproblem gibt „war mir schon bekannt“, sagt Bürgermeister Wolfgang Kovacs. „Aber mehr als Aufklärung können wir nicht machen, und die betroffenen Jugendlichen kommen nicht zu solchen Veranstaltungen“, bedauert Kovacs.

Er selbst habe schon mit vielen Eltern gesprochen, die wie vom Blitz getroffen waren, weil sie die Drogensucht nicht bemerkten. Bei dem schwierigen Weg zurück in ein normales Leben bietet die Gemeinde Unterstützung an – etwa bei der Jobsuche nach Haftentlassungen. Und die Jugendlichen lassen sich auch helfen. Allein im letzten Monat gab es zwei Positivbeispiele, „zwei junge Leute haben wieder Fuß gefasst und einen Job gefunden“, berichtet der Ortschef.
Das Erwischt-werden wird in vielen Fällen als Erleichterung gesehen, diese Erfahrung hat auch Schlaffer gemacht: „Vor Kurzem hat mir ein Brüderpaar erzählt, dass sie nur mehr darauf gewartet haben, dass jemand von der Polizei vor der Tür steht um endlich dort wegzukommen.“

Alleine würden es die wenigsten schaffen sich aus dem Drogensumpf herauszuziehen. Inhaftierte Drogensüchtige werden in der Justizanstalt medizinisch betreut. Nach der Haft müssen sich Betroffene einer gesundheitsbezogenen Maßnahmen unterziehen und eine Therapie beim psychosozialen Dienst oder einer anderen Einrichtung machen.
Betroffenen Eltern rät Schlaffer ihre Kinder darauf anzusprechen und sich an die Polizei oder soziale Einrichtungen zu wenden. „Mit denen gibt es keine Kooperation, die sagen der Polizei nicht, wenn jemand ein Drogenproblem hat“, betont der Suchtgift-Experte. Auf die Konsumenten ist die Exekutive auch nicht aus, sie wollen in erster Linie skrupellosen Dealern das Handwerk legen.
Warum das Drogenproblem ausgerechnet in Parndorf derart ausgeprägt ist, „können wir uns nicht erklären“, sagt Schlaffer. Eines steht aber fest: „Dieses Problem geht quer durch alle Gesellschaftsschichten“, weiß der Bürgermeister.