Das Burgenland wird 90
Von Thomas Orovits
Gerald Schlag, 70, langjähriger Leiter des Landesmuseums und der Experte für die Geschichte des Burgenlandes, über historische Glücksfälle, das langsame Zusammenwachsen einer einst verbundenen Region und das gestiegene Landesbewusstsein der Burgenländer. 2012 erscheint im Haymon-Verlag sein kompaktes Kompendium: Burgenland - Vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart.
KURIER: Angesichts der schwierigen Geburt hat sich das Burgenland in den 90 Jahren seither doch ganz passabel entwickelt, oder?
Gerald Schlag: Durchaus, die 90 Jahre sind eine Erfolgsgeschichte, nach 1955 ging es stetig bergauf. Allerdings waren die Jahre davor nicht so rosig.
Ihr Standardwerk dazu heißt ja auch "Aus Trümmern geboren".
Schon der Anschluss und das Herüberwachsen nach Österreich waren nicht unproblematisch. Das Land hatte zunächst keine Hauptstadt, Ödenburg war ja in der letzten Phase des Ringens um das Burgenland verloren gegangen. Dann folgte die Wirtschaftskrise, 1938 die Aufteilung auf die damaligen Reichsgaue Niederösterreich und Steiermark. 1945 schließlich war unser Landstrich noch Kriegsgebiet, als in anderen Bundesländern schon nicht mehr gekämpft wurde, danach bis 1955 Teil der sowjetischen Besatzungszone.
Wenn man die Schlüsseljahre betrachtet - 1921, 1955, 1989 - ist das Burgenland aber immer auf die Butterseite gefallen?
Aus heutiger Sicht muss man das so sagen, auch wenn das 1921 kein Mensch geahnt hätte. Durch den Anschluss an Österreich sind wir dann nach dem 2. Weltkrieg nicht in den Ostblock gekommen. Wahrscheinlich wären wir bei Ungarn geblieben und eine noch viel stärker benachteiligte Grenzregion geworden.
Das heutige Burgenland ist 1921 aus einer Trennung entstanden, wächst jetzt wieder zusammen, was einst zusammengehörte?
Wie es einmal war, kann es nicht mehr werden. Das wäre auch nicht von Vorteil. Aber es wird eine neue Form des Zusammenlebens gefunden, wie auch in anderen Grenzregionen Europas. In zehn oder 20 Jahren wird das - abgesehen von der sprachlichen Differenz - vielleicht wieder eine Region.
Werden wir auch 100 Jahre Burgenland feiern, oder ist das Land 2021 nach einer Verwaltungsreform schon Teil einer österreichischen "Ostregion"?
Eine Verwaltungsreform ist nötig, denn bei uns ist vieles unnötig klein, man könnte etwa Bezirke zusammenlegen. Aber der Stolz auf das eigene Land, die Region oder Gemeinde - das wird sich sicher nicht ändern. Uns Burgenländern hat man lange nachgesagt, wir hätten kein Identitätsgefühl, seien nicht so patriotisch wie Tiroler oder Salzburger. Aber inzwischen ist auch das Burgenland-Bewusstsein so stark, dass die Burgenländer die Aufgabe des Bundeslandes nie befürworten würden. Wir sind ein fleißiges Volk, das aber auch gerne feiert, deshalb werden wir auch den 100er feiern.
FEST:
Am 4. September geht ab 11.00 Uhr am Europaplatz in Eisenstadt das große Jubiläumsfest über die Bühne. Die um 11.00 Uhr beginnende Festsitzung wird vom ORF Burgenland live übertragen. Die Besucher können die Sitzung auch auf einer Großleinwand im Festzelt verfolgen.
Im Anschluss an die Festsitzung werden die Spitzen der Republik und des Landes, sämtliche Ehrengäste aus Politik, Wirtschaft, Kunst, Kultur und Sport gemeinsam feiern. Wer nicht vor Ort in Eisenstadt mitfeiern kann, ist mit ORF Burgenland live dabei. Die Festsitzung wird in ORF2, TW1 und weltweit per ORF Livestream (www.tvthek.orf.at) übertragen. Ein Angebot, das vor allem für Auslandsburgenländer, Menschen mit burgenländischen Wurzeln und Freunde des Burgenlandes auf allen Erdteilen interessant ist.
Für Unterhaltung und kulinarische Schmankerl ist gesorgt. Für gute Laune sorgen die Publikumslieblinge Christine Marold & Karl Kanitsch, die Dorfmusik Zillingtal sowie die Original Sautanzmusik. Weiters wurde Peter Grimberg engagiert. Für Kinder wird es eigene Angebote geben. Essen und alkoholfreie Getränke sind gratis, der Eintritt ist frei.
Im Halbstundentakt fahren Shuttlebusse von den Parkplätzen der Einkaufszentren zum Landhaus.
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