Burgenland will Preise für Bauland festlegen
Von Stefan Jedlicka
Erst 2019 war im Burgenland ein neues Raumplanungsgesetz beschlossen worden. Eine nun geplante Novelle sieht darin allerdings tief greifende Änderungen vor. Zentrale Zielsetzung des neuen Gesetzes sei, Bauland leistbarer zu machen, argumentiert Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ).
„In bestimmten Regionen ist Bauland in den letzten Jahren zum Teil deutlich teurer geworden. Mit einem Bündel an Maßnahmen wollen wir diesem Trend entgegenwirken“, sagt Infrastruktur-Landesrat Heinrich Dorner (SPÖ).
Was ist konkret geplant?
Im Wesentlichen geht es um drei Punkte: einen „Anspruch auf leistbares Bauland“ für Gemeindebürger, eine sogenannte Mobilisierungsabgabe für nicht genutztes Bauland und eine Preisregulierung durch das Land.
Was bedeutet „Anspruch auf leistbares Bauland“?
Wer seit mindestens drei Jahren seinen Hauptwohnsitz in einer burgenländischen Gemeinde hat, soll ein Gemeindegrundstück zu einem vom Land festgelegten Maximalkaufpreis erwerben können. Dieser ergebe sich aus dem errechneten Grünlandpreis laut Statistik Austria plus Aufschließungskosten von 40 Euro pro Quadratmeter.
83,6 Quadratkilometer nicht bebautes, aber gewidmetes Bauland gibt es laut dem ÖROK-Bericht des Umweltbundesamts (2016). Gesamt sind es 220,7 km², 137 davon bebaut
37,9 Prozent ist der Anteil des gewidmeten, aber nicht bebauten Baulandes – Rekord in Österreich
477 Quadratmeter bebautes Bauland hat jeder Burgenländer (2014) im Schnitt – ebenfalls ein Rekordwert
„Das Raumplanungsgesetz verpflichtet Gemeinden, Baulandgrundstücke zu diesem Preis für Gemeindebürger bereit zu halten“, so Doskozil. Stehe ausreichend Bauland zur Verfügung, könne die Gemeinde darüber hinaus Grundstücke anderweitig verkaufen. Ein Beispiel: Kostet ein Grundstück derzeit 200 Euro pro Quadratmeter, ergeben sich nach dem neuen Maximalpreis nur mehr 80 Euro.
Was bedeutet Baulandmobilisierung?
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Gemeinden, wenn Baulandreserven vorliegen, mit den Grundstückseigentümern „einen leistbaren Kaufpreis festlegen“ müssen. Scheitern die Verhandlungen, müssen neue Flächen in Bauland umgewidmet werden. In der Folge könne es auch zu Rückwidmungen von nicht verfügbarem Bauland kommen.
Wen trifft die Mobilisierungsabgabe?
Als Bauland gewidmete, aber derzeit nicht verfügbare Grundstücke. Also vor allem Eigentümer mehrerer unbebauter Liegenschaften. Für sie soll je nach Lage, Erschließung und Dringlichkeit eine Abgabe eingehoben werden. „Weil der Neubau von Eigenheimen und Blockbauten oft daran scheitert, dass zu viel Baulandreserve vorhanden ist und keine freien Flächen gewidmet werden können“, begründet Doskozil. Man wolle Situationen vermeiden, die „es teilweise in westlichen Bundesländern gibt, dass sich die einheimische Bevölkerung und allen voran junge Familien Bauland nicht mehr leisten können.“
Wie hoch ist die Abgabe?
Zwischen 0,5 und 2,5 Prozent des von der Landesregierung festgesetzten Baulandpreises – gestaffelt nach Grundstücksgröße.
Gibt es Ausnahmen?
Ja. Grundstücke, die für eigene Kinder oder Enkelkinder bereit gehalten werden. Treffen soll die Abgabe jene, die mehr Bauland zur Verfügung haben, als es der familiäre Bedarf rechtfertigt. Dabei gilt: pro Kind (bis 30 Jahre) ein Grundstück. Befreit von der Abgabe sind weiters Gemeinden, das Land sowie die Unternehmen des Landes.
Weitere Neuerungen?
Eine „Härtefallklausel“ soll Abwanderungsgemeinden ermöglichen, von den Raumplanungsgrundsätzen abzugehen. Weiters ist geplant, Bauland, das sich innerhalb der 30-jährigen Hochwasseranschlagslinie befindet, in Grünland umzuwidmen. Außerdem sollen für Fotovoltaik-Anlagen spezielle Eignungszonen definiert werden.
Dorner: „Vorrangig soll der Ausbau auf Dächern erfolgen. Um negative Auswirkungen auf Natur und Landschaft gering zu halten, soll die Errichtung großer Anlagen nicht privaten Betreibern überlassen werden, sondern es dürfen nur Flächen ausgewiesen werden, über die das Land oder eine 100-Prozent-Tochtergesellschaft verfügt.“
„Es wird auf die Umsetzung der Maßnahmen ankommen“
Der KURIER hat Anton Holzapfel, Geschäftsführer des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (OVI), zu einem Interview zum Thema gebeten.
KURIER: Gehen die geplanten Eingriffe des Landes in Privateigentum zu weit?
Anton Holzapfel: Hoheitliche Eingriffe bei Grundstücksverkäufen hat es schon in den 1980er-Jahren gegeben. Jetzt kommt das Thema wieder. Es gibt natürlich berechtigte Interessen, Siedlungsflächen in Gemeinden für Hauptwohnsitzer freizuhalten und vor allem der Spekulation mit solchen Grundstücken Einhalt zu gebieten. Dieses Thema hat sich in westlichen Bundesländern ja schon viel intensiver gestellt. Die geplante Preisregulierung hat mich aber schon gewundert. Das wird man sich rechtlich erst anschauen müssen. Da wird es auf die Art der Umsetzung ankommen.
KURIER: Und eine Rückwidmung von Bauland in Grünland?
Holzapfel: Das kann wirklich nur der letzte Schritt sein. Dafür muss es dann auch entsprechende Entschädigungen geben.
"Preisregulierungen funktionieren nicht"
Ludwig Bresich, Obmann der Fachgruppe Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer Burgenland, hält die Raumplanung im Burgenland grundsätzlich für dringend reformbedürftig. "Es wird Zersiedelung zugelassen und die Gemeinden können Infrastrukturkosten wie Aufschließung, oder Schneeräumung immer weniger leisten", sagt er. "In einigen Gemeinden ist der Verkauf von günstigem Bauland bereits an einen Bauzwang gekoppelt. Wenn nicht innerhalb einer vorgegebenen Frist gebaut wird, hat die Gemeinde das Recht, das Bauland zu einem vorher definierten Preis zurückzukaufen."
Bresich bestätigt: "Grundsätzlich stimmt es, dass die Gemeinden zu viel Bauland gewidmet haben. Wenn die Eigentümer das Bauland oder auch den Erlös aus einem Verkauf nicht benötigen, wird Bauland gehortet. Insofern ist die Idee einer Abgabe auf ungenütztes Bauland durchaus sinnvoll. Preisregulierungen haben bis jetzt aber nirgends und bei keinem Produkt funktioniert. Der Versuch, niedrige Preise amtlich festzulegen, hat lediglich zur Umgehung dieser Bestimmungen und in letzter Konsequenz zu einer Verteuerung geführt. Der Markt, also Angebot und Nachfrage lassen sich nicht ausschalten."
„Planwirtschaftliche Methoden“: Viel Kritik an Gesetzesnovelle
Nur in kleinen Teilbereichen kann die SPÖ wohl auf Unterstützung der Oppositionsparteien bei ihren Änderungsvorschlägen zum Raumordnungsgesetz zählen. Die Volkspartei etwa sieht in der geplanten Mobilisierungsabgabe eine „neue SPÖ-Steuer“, der man „eine klare Absage erteile“, betont Landesparteiobmann Christian Sagartz. „Unter dem Deckmantel Baulandmobilisierung sollen Eigentümer eines Bauplatzes zur Kasse gebeten werden“, sagt er. „Offensichtlich möchte Doskozil Geld in die leeren Kassen des Landes spülen.“
Die Grünen sehen die Raumplanungsmaßnahmen als „Schritt in die richtige Richtung“, wie Klubobfrau Regina Petrik betont. „Unsere langjährige Forderung, nicht dauernd Bauland zu widmen, sondern vorhandenes zu nutzen, wird nun endlich umgesetzt. Wir werden aber darauf achten, dass sich die Landesregierung nicht wieder selbst aus ihrem Gesetz ausnimmt“, so Petrik. „Die Raumplanung muss für alle gleich gelten“. Und sie warnt: „Bauland als Gemeinde zu kaufen und nach eigenem Ermessen weiterzugeben, könnte als Freibrief zur Freunderlwirtschaft missbraucht werden.
Die FPÖ ortet „planwirtschaftliche Methoden a la DDR“. FP-Wohnbausprecher Alexander Petschnig: „Ich verstehe ja, dass das Horten von Bauland ein Ärgernis ist. Das Setzen richtiger ökonomischer Anreize, wie etwa die geplante Widmungsabgabe ist dabei als positiver Ansatz zu sehen. Darüber hinaus gehen mit dem Landeshauptmann aber einmal mehr seine umfassenden Regulierungsfantasien durch. Das Beispiel der DDR oder anderer Staaten, die auf dieses System gesetzt haben, beweist, dass Preisregulierungen unter keinen Umständen funktionieren.“ Das geplante Vorkaufsrecht für Gemeindebürger sei „ein direkter Eingriff in das verfassungsmäßige Eigentumsrecht der Menschen“, die FPÖ stehe „für einen Gang zum Verfassungsgerichtshof gerne zur Verfügung“, so Petschnig.
Gleich mehrere Punkte der geplanten Novelle sieht Neos-Landessprecher Eduard Posch kritisch. Es sei „verfassungsrechtlich bedenklich und klar abzulehnen, dass Gemeinden, das Land und Landesbetriebe von der Widmungsabgabe befreit sein sollen.“ Einen Maximalpreis für Grundstücke festzulegen, stelle einen Eingriff in das Eigentumsrecht dar. Es zeigen sich Allmachtsfantasien der SPÖ-Alleinregierung“, so Posch.