Hanfbäuerin im Visier der Justiz
Hausdurchsuchungen und Einvernahmen von 180 Zeugen und Telefonüberwachung in mehr als zwei Jahren Ermittlungsarbeit: Die Polizei im Burgenland war hier nicht etwa einem internationalen Drogenkartell auf der Spur. Sie verfolgte eine 45-jährige Unternehmerin, die Setzlinge von Cannabis-Pflanzen angeboten hat. Zugegeben, die Menge ist beträchtlich: 104.000 Stück soll Andrea B. von 2012 bis 2014 im Internet verkauft haben. Bei ihr wurde außerdem Cannabiskraut sichergestellt – für Forschungszwecke, sagt sie.
Ob sich die umfangreichen Ermittlungen gegen B. und ihre Mitarbeiterin Elke M. (vertreten durch die Anwälte Philipp Wolm bzw. Gottfried Hudl) ausgezahlt haben, wird sich bei der Verhandlung im Juni am Landesgericht Eisenstadt zeigen. Folgt man der aktuellen Judikatur, dürften die Karten für die Anklagebehörde allerdings schlecht stehen.
Zier- oder Kifferpflanze?
In der Vergangenheit haben ähnliche Verfahren immer wieder mit Freisprüchen geendet. Im Jänner gab es im Fall eines Hanfbauern aus NÖ ein Urteil des Oberlandesgerichts Wien. Der Anbau von Cannabis-Pflanzen ist erlaubt – auch wenn die Blätter den berauschenden Stoff THC enthalten –, solange sie nicht zur Blüte gebracht werden. Dann gehen sie immerhin als Zierpflanzen durch. Ein Händler macht sich laut OLG nur dann strafbar, wenn er sie mit dem Vorsatz verkauft, dass daraus Suchtgift gewonnen wird. Das zu beweisen, ist schwierig.
Andrea B. hat in ihrem Geschäft Warnhinweise aufgehängt und im Beipackzettel stehen Tipps, wie man die Pflanze durch Beleuchtung am Blühen hindert, also "unrauchbar" macht. Von 180 Zeugen haben nur zwei ausgesagt, von B. beraten worden zu sein. Einer davon ist ein verdeckter Ermittler, der bis dato anonym geblieben ist. Die Händlerin gab bei der Polizei zu Protokoll, "es gehe sie nichts an, was die Käufer mit den Setzlingen machen". Tatsächlich verwendeten sie die Pflanzen nicht nur zur Zierde, wie die Polizei ermittelte.
"Wäre die Auffassung, dass sie Beitragstäterin einer strafbaren Handlung ist, richtig, dann müsste man jeden Waffenverkäufer verurteilen", sagt ihr Anwalt Philipp Wolm, der betont: "Meine Klientin hat auf die eindeutige Rechtsprechung der Höchstgerichte vertraut. So wie viele andere, die in Österreich Headshops (verkaufen Zubehör für Cannabis-Konsum, Anm.)betreiben." Im Radio laufen täglich Werbespots, in Tageszeitungen wird inseriert. Man scheint sich seiner Sache sehr sicher zu sein. Wird B. schuldig gesprochen, würde damit ein Präzedenzfall geschaffen, der das Aus für eine ganze Branche bedeuten könnte.
Einer stark expandierende Branche, sagt Toni Straka, Obmann des Vereins "Hanfinstitut". Rund 75 Fachgeschäfte bieten in Österreich Cannabis-Setzlinge, Equipment für die Aufzucht und Rauchutensilien an – alles legal. Straka schätzt, dass damit jährlich rund 100 Millionen Euro Umsatz gemacht werden. "Verlässliche Daten gibt es nur aus Colorado, USA, weil da Cannabis generell legalisiert wurde. Hochgerechnet auf Österreich wären das potenziell 200.000 Konsumenten."
Der Zweig für Kosmetik- und Medizin-Produkte sei noch zu jung, um Zahlen zu nennen, sagt Straka. Man wisse aber, dass die Gruppe der plus 50-Jährigen immer stärker vertreten sei.
Schlecht fürs Geschäft
Mit Tropfen, Salben und Ölen aus Industriehanf betreibt auch Andrea B. einen Handel und will demnächst Apotheken beliefern. Ein Geschäft, das mit dem Gerichtsverfahren auf dem Spiel steht. Für Anwalt Wolm grenzen die Ermittlungen gegen seine Mandantin an Schikane: "Sie ist eine seriöse Unternehmerin und hat durch die lange Dauer einen massiven Geschäftsentgang. Ganz zu schweigen vom Schaden an ihrer Reputation."