Chronik/Burgenland

Blaue nehmen rotem Plan die Spitze

Man merkte Norbert Darabos an, dass er nur ungern über die neuen Kostensätze für Flüchtlinge in der Grundversorgung reden wollte, als er am Mittwoch erstmals seit der Angelobung von Rot-Blau gemeinsam mit FPÖ-Landeshauptmannvize Hans Tschürtz vor die Presse trat. Verständlich, denn der rote Soziallandesrat – selbsternanntes Bollwerk gegen die Blauen in der Landesregierung – musste de facto einen geordneten Rückzug antreten. Umso gelöster war das Mienenspiel von Tschürtz, dessen 15-Prozent-Partei dem Seniorpartner SPÖ (42 Prozent) offenbar die Grenzen aufzeigen konnte.

Worum es geht: Bundesregierung und Bundesländer hatten sich im vergangenen Sommer auf eine Erhöhung der Tagsätze zur Unterbringung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen in der Grundversorgung geeinigt (im Burgenland derzeit knapp 2860 Personen).

Im November teilte Darabos mit, das Burgenland zahle den Hilfsorganisationen zum Beispiel für unbegleitete Minderjährige "rückwirkend mit 1. August 2015 (...) 95 Euro" – also den Höchstsatz. Im Februar 2016 stellte Tschürtz einen Baum auf: "Für uns ist das massiv zu hoch." Was folgte, waren monatelange Verhandlungen hinter verschlossenen Türen, deren Ergebnis am Mittwoch präsentiert wurde.

Niedrigste Erhöhung

Demnach erhöht das Land die Tagsätze generell um 6,5 Prozent, was die "niedrigste Erhöhung aller Bundesländer" sei, sieht Tschürtz das Burgenland österreichweit in der "Vorreiterrolle". Für die Betreuung von derzeit rund 150 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im Burgenland heißt das, statt 95 Euro gibt es nun nur 82,50 Euro. Dass im vergangenen November die 95 Euro per Presseaussendung schon verkündet wurden, sei "missverständlich" gewesen. Darabos sieht die jetzige Einigung dennoch als "guten Kompromiss", zumal auch die aktuellen Mehrkosten mit 3,3 Millionen Euro erklecklich seien. Insgesamt gibt das Land heuer 8,5 Millionen Euro für die Flüchtlingsbetreuung aus.

Und die FPÖ hat schon das nächste Thema auf die Agenda gesetzt: Die deutliche Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtigte nach oberösterreichischem Vorbild. Darabos ist "verhandlungsbereit".

Die FPÖ wird mit zunehmender Dauer der rot-blauen Koalition immer selbstbewusster. Jüngst hatte Landesparteichef Hans Tschürtz in den Raum gestellt, 2020 könnte man um den Landeshauptmann kämpfen. Seit der Bundespräsidentenwahl haben die Blauen auch einen Kandidaten: Norbert Hofer, der beim zweiten Wahlgang vor knapp drei Wochen mit 61,4 Prozent im Burgenland das beste Länderergebnis einfuhr (erster Wahltag : 41,9 %). Am Mittwoch sagte Tschürtz anlässlich der Anfechtung der Bundespräsidentenwahl (siehe Seite 4), ein etwaiges Antreten Hofers in vier Jahren im Burgenland sei "eine sehr interessante Option". Tschürtz steht 2020 im 61. Lebensjahr, Hofer ist dann noch nicht 50. Allerdings ist das wohl keine Option, wenn der Pinkafelder nach der nächsten Parlamentswahl erster Nationalratspräsident wird – oder jetzt doch noch Bundespräsident...Im KURIER hatte Hofer schon 2013 gemeint, dass es fürs benachteiligte Südburgenland gut wäre, den Landeshauptmann zu stellen. Ob er dafür ins Burgenland zurückkehren würde? Hofer damals: "Das würde ich für die Zukunft nicht ausschließen." Sein Gegner dürfte dann sein "Nachbar" Hans Peter Doskozil (SPÖ) aus Kroisegg sein.