Bevölkerungsstatistik: Der Norden wächst weiter, während der Süden vergreist
Die Zahlen sprechen für sich: Im Bezirk Güssing konnten laut Statistik Austria im letzten Jahr nur neun Gemeinden Einwohner dazugewinnen. Alle anderen 19 Gemeinden haben mit Abwanderung zu kämpfen. Nicht anders ist die Situation in Jennersdorf. Acht Gemeinden haben Bewohner verloren, nur vier verbuchen ein Plus.
Burgenlandweit am stärksten mit Abwanderung zu kämpfen hat die Gemeinde Bildein mit einem Minus von 6,34 Prozent. "Wir sind eine kleine Gemeinde. Wenn ein bis zwei Familien wegziehen, macht das gleich viel aus. Außerdem hatten wir viele Sterbefälle zu beklagen. Wenn da keine Jungen nachkommen, stirbt der Ort aus", sagt Bürgermeister Walter Temmel.
Beide gehen mit Land und Bund hart ins Gericht und fordern Maßnahmen. "Wir sind ein Entwicklungsland. Der Süden wird seit jeher benachteiligt. Es gehört eine entsprechende Infrastruktur geschaffen, die Rahmenbedingungen hier im Süden sind viel schlechter als im Norden", meint Temmel.
Auch Josef Bauer sieht die Hauptursache für die Abwanderung im Ungleichgewicht zwischen Norden und Süden. "Es ist erkennbar, dass der Süden stetig ausgehungert wird, was die Verkehrspolitik betrifft. Während im Norden Millionen in die Bahn investiert werden, müssen im Süden die sogenannten Dorfbusse von den Gemeinden bezahlt werden, um Schüler und Pensionisten befördern zu können", sagt Bauer.
Kritik an Förderungen
Auch an der einstigen Ziel 1-Förderung durch die EU lassen die Ortschefs kein gutes Haar. Während es als klares Ziel definiert war, die landesinternen Unterschiede abzubauen, um eine "stärker homogene Lebensqualität im Burgenland zu gewährleisten", kann davon ihrer Meinung nach in der Realität keine Rede sein. "Die Förderungen wurden ungerecht aufgeteilt. Die Starken wurden noch stärker und die Schwachen noch schwächer. Die Gelder hätten anders verteilt gehört", kritisiert Temmel.
Sieht man sich die Bevölkerungszahlen an, fällt tatsächlich ein Nord- Südgefälle auf. Der Bezirk Neusiedl am See konnte mit einem Zuwachs von 1,05 Prozent am stärksten punkten. Vor allem die Gemeinde Kittsee sticht mit einem Plus von 6,99 Prozent positiv hervor. Dass ist burgenlandweit der stärkste Zuwachs im vergangenen Jahr. Bürgermeisterin Gabriele Nabinger führt dies vor allem auf die Nähe zur slowakischen Hauptstadt Bratislava zurück. "Es sind viele Familien hierher gezogen, die in Bratislava arbeiten, denn hier ist es nach wir vor schwierig Arbeit zu finden. Außerdem schätzen viele die Grünlage und die gute Infrastruktur ", sagt Nabinger.
Doch was tun, wenn diese Anreize fehlen? Walter Temmel und Josef Bauer sind sich einig: "Nur durch Rahmenbedingungen der Politik kann Abwanderung gestoppt werden. Es muss eine Chancengleichheit für alle Regionen im Burgenland angestrebt werden. Und begonnen werden muss damit sofort."