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Von "Märzveigerl und Suppenbrunzer"

Mit ihrer Broschüre "Österreichisches Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache" sorgte Unterrichtsministerin Heinisch-Hosek jüngst für einigermaßen Staunen in Deutschlands Medienlandschaft. Da wunderte sich etwa Spiegel online, dass "Sprachbewahrer aus dem südlichen Heimatland Deutsch keinesfalls als Dialekt, sondern als eigenständige Sprache" begreifen würden und zitierte lieber lapidar aus dem "Wörterbuch Österreichisch – Deutsch", das vor zwei Jahren für Aufsehen gesorgt hatte: Demnach gehe es im Österreichischen - das Augenzwinkern wäre hierbei bitte mitzudenken - vor allem um "die unterschiedlichsten Grade der Alkoholisierung", um "diverse Formen geistiger Demenz" und "die vielfältigen Aspekte weiblicher Widerwärtigkeit".

Ein ernsthafterer - aber nicht weniger unterhaltsamer - Versuch, "das Österreichische" zu fassen und erfassen, stellt das neue Buch von Elsbeth Wallnöfer dar. In "Märzveigerl und Suppenbrunzer" (Verlag Anton Pustet) sammelte die promovierte Volkskundlerin und Philosophin "400 Begriffe aus dem echten Österreich" – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, dafür zur "Klärung und Bewusstmachung", wie die gebürtige Südtirolerin im Interview mit dem KURIER erklärt.

Denn: "Je weniger genau man Bescheid weiß, desto oberflächlicher muss man beschreiben." Und umgekehrt : "Je kompetenter wir in Sachen Kultur des Eigenen ausgestattet sind, umso leichter fällt das Spiel mit anderen Kulturen", ist Wallnöfer überzeugt, so letztlich auch zu mehr Toleranz und Verständnis beizutragen.

26 aus 400: "Begriffe aus dem echten Österreich"

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Dabei schreckte Wallnöfer auch nicht davor zurück, nach gängiger Auffassung politisch unkorrekte Wörter aufzugreifen. So finden sich unter den 400 Begriffen etwa auch Ausdrücke wie "neger" als Wiener Ausdruck für "pleite". "Weil es den Menschen ja auf der Zunge liegt. Nur weil wir verbieten sie auszusprechen, heißt das ja nicht, dass sie weg sind", tritt Wallnöfer für einen offenen Umgang mit solchen tabuisierten Wörtern ein. "Solange man diese Begriffe nicht zur negativen Distinktion verwendet, finde ich sie in Ordnung."

Dass sie sich damit auf schwieriges Terrain begibt, ist Wallnöfer, die als eine der ausgesprochensten Verteidigerinnen der Volkskultur gegen die Vereinnahmung und Umdeutung von Rechts gilt, durchaus bewusst.

Differenzierter Umgang

Aber auch hierbei gelte eben: "Je besser ich Bescheid weiß, desto bewusster kann ich aus meiner Kultur wählen, Sachen, die mir gefallen annehmen und verwenden und Dinge, die auch durch einen historischen Kontext ihre Unschuld verloren haben, ablehnen", tritt die Volkskundlerin für einen differenzierten Zugang ein.

Keine Selbstverständlichkeit in einem Fach, das sich mit einer historischen Aufarbeitung seiner eigenen Geschichte schwer tut. "Es gibt kein verlogeneres Idyll als den Umgang mit der Volkskultur. Die Nazis haben sie für ihre Zwecke benutzt, nach dem Krieg wurde dies unkritisch übernommen, heute wird im Namen der Tradition in der Hofburg getanzt", stellte sie etwa in einem Gastkommentar zum Akademikerball Anfang des Jahres im Standard fest.

Ein Zugang, der im auf Tourismusidyll bedachten Österreich auf wenig Gegenliebe stößt. "Als Mahner, der auch an problematische Seiten erinnert, ist man dabei vor allem ein sogenannter Nestbeschmutzer", weiß die Autorin inzwischen.

Die Kritik komme dabei aus zwei Lagern, die man ganz gesondert voneinander sehen müsse. "Da sind die einen, die auch an der Geschichte gar nichts finden und diese Tradition hochhalten wollen und dann eben mit den Identitären marschieren. Und die anderen, die sich einfach etwas Schönes, das sie als Identität bezeichnen würden, nicht versauern lassen wollen." Und für zweitere, sagt Elsbeth Wallnöfer entspannt, habe sie sogar Verständnis.

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INFO: Elsbeth Wallnöfer, geboren 1963 in Laas/ Südtirol, ist Volkskundlerin und Philosophin.

Zahlreiche Veröffentlichungen, u.a. "Geraubte Tradition. Wie die Nazis unsere Kultur verfälschten" (Sankt-Ulrich-Verlag).

Aktuell: "Suppenbrunzer und Märzveigerl. 400 Begriffe aus dem echten Österreich" 223 Seiten, 24 Euro.

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