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Gert Korentschnig

"Das größte Problem in der Kulturberichterstattung ist nicht das Finden von Geschichten, sondern das Weglassen", sagt Gert Korentschnig. "Das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden." Aber das sei ja auch im Leben nicht anders. Nur: Was ist für ihn wichtig?

Zum Beispiel ein Plädoyer gegen das "dumme Vorurteil", dass Quote und Qualität einander ausschließen. "Das kann so sein, muss aber nicht." Oder gegen die reflexartige Schubladisierung von Bühnenproduktionen, dagegen, dass alt automatisch toll und neu pfui ist oder umgekehrt. "Es geht doch immer nur darum, ob etwas gut oder schlecht ist." Was ihn allerdings furchtbar ärgert: Wenn etwa in Bayreuth nur noch über den Regisseur diskutiert wird und nicht über den Dirigenten.

Grundsätzlich sei heute Kulturjournalist aber der einzige für ihn vorstellbare Beruf – wenn er nicht irgendwann Koch wird. Nur: "Kulturjournalisten müssen sich immer vor Augen führen, dass sie hochspezialisiert sind, aber um nichts besser als Kollegen in anderen Ressorts." Das glaubt er zu wissen, weil er in vielen Bereichen tätig war.

Zum Journalismus gekommen ist Gert Korentschnig, weil er "Schreiben über alles liebt". Begonnen hat er noch vor der Matura im Chronikteil einer Kärntner Regionalzeitung und dort die pikanten Hintergründe von Traktorunfällen recherchiert. "Mein erstes Honorar betrug 70 Schilling, weil der Ressortchef auf mich vergessen hat. Aber in diesem Beruf muss man ja auch Idealist sein." Beim KURIER in Wien, wo er 1988 parallel zu seinem Germanistik- und Philosophiestudium zu schreiben begann, war er lange beim Sport tätig, ehe er vor zehn Jahren in den Kulturbereich wechselte, seit einigen das Kultur- und Medienressort leitet und seit Kurzem auch stv. Chefredakteur ist. Sport und Kultur – wie passt das zusammen?

"Das ist doch kein Ausschließungsgrund, sondern hat viel miteinander zu tun. Es handelt sich um zwei Unterhaltungsressorts. Man hat im Idealfall auf beiden Seiten mit Ausnahmekönnern zu tun. Und als Kritiker muss man da wie dort Fachkompetenz haben." Jene im Musikbereich hat sich der "heute nur noch dilettierende Pianist" lange am Konservatorium angeeignet. Der größte Unterschied zwischen Kunst und Sport in Österreich: "Auf der einen Seite sind wir Weltklasse, auf der anderen spielen wir – mit Ausnahme der Skisportler – leider großteils in der Regionalliga."

Zu seinen großen Leidenschaften gehört die Oper, die er für die aufregendste Kunstgattung hält. "Man kann als Kritiker Oper spannend vermitteln. Man muss sich nur die kindliche Begeisterung erhalten." Seine eigenen Kinder nimmt er auch mit, aber in Maßen. "Mein siebenjähriger Sohn Nikolaus liebt die ,Ring‘-Geschichte. Aber 16 Stunden Oper wären noch ein Trauma. Er hat deshalb beim ,Liebestrank‘ mit Netrebko und Villazon debütiert." Und die vierjährige Antonia hätte die "Kinder-Zauberflöte" der Staatsoper geliebt. "Netrebko in Ehren: Aber das ist eigentlich die wichtigste Aufführung."