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Vizebürgermeister Wiederkehr: „Fairer Zugang zu Bildung in Zeiten von Teuerung und Digitalisierung muss gewährleistet werden“

Wie kann ich mir Schulmaterial für mein Kind noch leisten? Wer unterstützt mich bei der Anschaffung von Laptop oder Tablet? Wie geht es weiter mit den Preissteigerungen? Diese Fragen stellen sich viele Eltern angesichts der beispiellosen Teuerungswelle, die Österreich gerade überrollt. Wie die Chancengleichheit für alle Schüler:innen – unabhängig von Herkunft, Muttersprache oder Einkommen der Eltern – gesichert werden kann, diskutierten Expert:innen aus Politik und Bildung gestern beim ABÖ-Café der Allianz Bildungsmedien Österreich.

Der Wiener Vizebürgermeister und Stadtrat für Bildung, Jugend, Integration und Transparenz Christoph Wiederkehr sieht sich tagtäglich mit Fragen zu Bildungsgerechtigkeit konfrontiert. Gleichzeitig wird dem Thema im öffentlichen Diskurs wenig Beachtung gegeben: „Alle reden von den explodierenden Kosten für Wohnen, Energie und Lebensmittel. Aber auch abseits der Grundversorgung steigen die Preise exorbitant. Kinder aus einkommensschwachen Familien haben oft nicht dieselben Chancen wie andere. Die Stadt Wien bietet daher zahlreiche Unterstützungs- und Förderinitiativen.“ Entscheidend sei aber vor allem, langfristige und nachhaltige Lösungen anzubieten und dabei die Veränderungen im Bildungssystem zu berücksichtigen. Die fortschreitende Digitalisierung, die auch im Bildungsbereich stark zu spüren ist, biete zwar viele neue Möglichkeiten, gleichzeitig könne sie aber auch zu einer Vergrößerung von Ungleichheiten beitragen – etwa wenn sich Eltern digitale Arbeitsgeräte oder einen Internetzugang nicht leisten können. „Deshalb investieren wir als Stadt massiv in digitale Bildung!“

Iris Blatterer, Vorstandsmitglied der Allianz Bildungsmedien Österreich und Geschäftsführerin der Westermann Verlagsgruppe, bekräftigt: „Die Schulbuchaktion in Österreich ist gerade in den heutigen Zeiten der Preissteigerungen ein ganz wesentlicher Beitrag für Bildungsgerechtigkeit. Diese muss in vollem Umfang erhalten bleiben! Alle Schüler:innen müssen Zugang zu klassischen Bildungsmedien haben. Aber auch wir befinden uns im digitalen Wandel: Immer mehr Lehrinhalte werden digital zur Verfügung gestellt, auch dafür braucht es entsprechende Budgets. Für die Zukunft wird es daher wesentlich sein, dass Bildungsmedien sowohl digital als auch analog gefördert werden und ein gerechter Zugang zu diesen für alle bewerkstelligt werden kann!“ Um die hohe Qualität der Bildungsmedien weiter zu gewährleisten, sei es außerdem wichtig, dass die Förderungen ebenfalls an die steigenden Kosten angepasst werden. „Die Teuerungswelle macht auch vor den Bildungsmedienanbietern nicht halt – hier muss die Politik mithelfen und die Preise für die Bildungsmedien an die Teuerungsrate anpassen“, erklärt Blatterer.

Für Severin Broucek, Geschäftsführer von Teach For Austria, ist dieser gerechte Zugang zu Bildung im Moment noch Zukunftsmusik: „In keinem anderen EU-Land hängt der Bildungserfolg so stark von Einkommen, Status und Bildungsniveau der Eltern ab wie in Österreich. Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen, bildungsfernen Familien sind besonders häufig die Verlierer:innen des Bildungssystems. Ein früher Bildungsabbruch führt oft zu dauerhafter sozialer Ausgrenzung. Dem wollen wir bei Teach For Austria insbesondere durch unsere Fellow-Programme entgegenwirken.“

Dass es mehr Initiativen für Bildungsgerechtigkeit braucht, davon ist auch Johanna Pisecky überzeugt. Sie ist Referentin der Geschäftsführung der Diakonie Bildung und ehemalige Projektleiterin von SESAM. „Wir erleben mit SESAM hautnah, wie benachteiligt Schüler:innen aus einkommensschwachen Haushalten sind. Kinder sind von Grund auf neugierig und wissbegierig. Es ist unsere Pflicht als Gesellschaft, diese Neugier zu fördern und allen die gleichen Chancen zu bieten!“ Bei SESAM setzt man auf eine intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten und bezieht insbesondere auch Eltern in den Prozess mit ein: Sie werden ab der Schuleinschreibung begleitet und dabei unterstützt, ihre Kinder bestmöglich auf ihrem Bildungsweg zu fördern. „Gemeinsam bewirken wir beim Übergang vom Kindergarten in die Volksschule nachhaltige Veränderungen, die sich positiv auf die ganze Familie auswirken können!“

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