Wie Gebäude im neuen Licht erstrahlen
Von Julia Beirer
KURIER: Sie sind Projektleiter für das neue Lichtkonzept in der Wiener Secession. Was wurde gemacht?
Reinhard Hofbauer, Zumtobel-Projektleiter: Die Secession war als Tageslichtmuseum konzipiert. Die alte künstliche Lichtlösung bestand aus kaltweißen Leuchtstofflampen. Diese Lösung war statisch und konnte die natürliche Vielfalt des Tageslichts nicht abbilden. Das neue Lichtkonzept erzeugt verschiedene Tageslichtstimmungen von Kalt- bis Warmweiß , die jahreszeitenunabhängig eingestellt werden können. Man kann sich also von der Natur entkoppeln und nach Bedarf Lichtstimmungen schaffen.
Entwickelt Zumtobel Lichtsysteme wie Tecton tunable White oder Linaria, die auch in der Wiener Secession verbaut sind, selbst?
Ja, aufgrund unserer Schwesterfirmen wie Tridonic entwickeln wir sowohl die Elektronik als auch die Leuchten im Haus. Die Lichtkörper für die Secession wurden mit dem Ziel entwickelt, die Vielfalt des Tageslichts künstlich abrufbar zu haben. Eine Besonderheit ist, dass tunable White im Untergeschoß flickerfrei ist. Zur Erklärung: Normales LED-Licht wird 200 Mal pro Sekunde ein- und ausgeschalten. In der Secession verwenden wir eine Technik, bei der sich die Lampe nur ein- und nicht ausschaltet. Das erleichtert Kameraaufnahmen ungemein.
Zumtobel zeichnet auch für die Beleuchtung des Louvres in
Abu Dhabi oder des Rodin-Museums in Paris verantwortlich. Sind Museen eine besondere Herausforderung?
Lichtqualität ist in Museen extrem wichtig – sowohl vom Schädigungspotenzial als auch von der Erkennbarkeit des Kunstobjekts her. Es ist zum Beispiel nicht leicht, warmweißes Licht zu kreieren, in dem Objekte aus Elfenbein oder Marmor nicht vergilbt wirken.
Zumtobel ist weltweit Vorreiter, was innovative Lichtsysteme betrifft. Woher kommt die Expertise?
Wir haben die gesamte Fertigung, vom Vorschaltgerät über die Platine bis zur fertigen Leuchte, im Haus. Oft kommen gute Ideen direkt aus einem Projekt. Es ist beispielsweise möglich, Menschen mit Licht zu unterstützen. Ein Büro, in dem sich Mitarbeiter wohlfühlen, ist produktiver. Ich kann aus einem faulen Hund keinen fleißigen machen, aber ich kann die Menschen, die Leistung bringen wollen, mit Licht unterstützen.
Licht manipuliert also Leistungsfähigkeit und Motivation?
Lichtstimmungen wirken aktivierend oder beruhigend. In der richtigen Qualität, Intensität und über längere Zeiträume kann Licht den natürlichen Biorhythmus unterstützen. Nach dem Mittagessen kann so ein Leistungstief abgefangen werden. Damit muss aber vorsichtig umgegangen werden. Für Schichtarbeiter gab es vor Jahren die Idee, mit kaltem Licht in der Nacht künstlich Tageslicht zu kreieren. Das hat die Menschen aber krank gemacht.
Das derzeit entwickelte Active Light soll die Konzentrationsfähigkeit von Kindern in Schulen erhöhen – wie funktioniert das?
Indem wir Kinder dem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus aussetzen. Kinder haben heute durch den Computer mehr Verlockungen, im Haus zu bleiben. Menschen brauchen aber eine Mindestzeit im Freien, um sich dem Tagesrhythmus anzupassen, ansonsten kommen wir außer Tritt. Das führt zu Krankheiten, die die Medizin gerade erforscht. Bisher kannte man das nur von bettlägerigen Personen oder Höhlenforschern. Jetzt betrifft das aber schon Kinder, die zu wenig hinausgehen. Dem versucht das Projekt Active Light entgegenzusteuern. Die Idee ist, den Biorhythmus der Kinder mit Tageslichtstimmung im Klassenraum zu unterstützen.
Vor 69 Jahren hat alles begonnen: Damals gründete Walter Zumtobel die „Elektrogeräte und Kunstharzpresswerk W. Zumtobel KG“ in Dornbirn, Vorarlberg. Neben der Produktion von Vorschaltgeräten – für die damals neue Leuchtstoffröhren-Technologie – designte das Unternehmen auch Leuchten. Die erste kam 1953 mit dem Namen „Profilux“ auf den Markt.
Auszeichnungen
Seither wurde Zumtobel mehrfach für Leuchten und Lichtsysteme ausgezeichnet und versucht sein technisches Know-how weiterzuentwickeln. Ein innovatives Projekt, an dem das Unternehmen derzeit arbeitet, ist „LIFI“. Dabei werden Daten durch eine Lichtquelle übertragen und eine Internetverbindung hergestellt.
Kommunikation
Laut Reinhard Hofbauer habe diese Idee mehrere Vorteile: Während für WLAN ein Netzwerk aufgebaut werden muss, ist der Stromanschluss für die Leuchte bereits da. Zudem erzeugt Licht als Kommunikationsmittel keine Strahlung und auch der Sicherheitsaspekt ist gegeben. Hofbauer: „Wo das Licht nicht hinkommt, findet auch keine Kommunikation statt. Das heißt, dass sich niemand aus dem Nachbarzimmer bei mir einhaken kann.“