Vertikal denken
Die „Nebelmaschine“ findet bis heute großen Anklang bei Besuchern und Passanten. Im Oktober 2008 installierte der VERBUND vor seinem Headquarter neben der Wiener Feuerwehrzentrale am Hof eine Intervention im öffentlichen Raum. Yellow Fog stammt vom dänischen Künstler Olafur Eliasson. Seither steigt täglich während der Abenddämmerung gelber Nebel an der Fassade auf.
Dass die Wahl ausgerechnet auf Eliasson fiel, war geschickt und professionell: Er gilt als einer der aktuellen Stars im internationalen Art Business.
Hier wird von einem Unternehmen also nicht einfach irgendwie Kunst gekauft, sondern es findet eine ernsthafte Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Werken statt.
Die 550 Mitarbeiter in der Firmenzentrale leben mit der Kunst. Sie können in der Arbeitszeit an Kunstgesprächen teilnehmen. Auch in vielen Büros hängen Werke aus der Sammlung.
So sind etwa derzeit im Büro des Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Anzengruber vier Fotografien der österreichischen Künstlerin Birgit Jürgenssen zu sehen, für deren Wiederentdeckung die SAMMLUNG VERBUND viel getan hat. Dass es sich dabei um expressiv feministische Kunst handelt, stört Anzengruber nicht. „Mich sprechen ihre Bilder sehr an“ , sagt er.
Warum hat sich die Sammlung ausgerechnet auf feministische Avantgarde als einer ihrer großen Schwerpunkte spezialisiert?
Wir wollten etwas schaffen, was in dieser Form noch keine andere Sammlung hat. Es macht keinen Sinn, sich irgendwo anzuhängen oder etwas zu wiederholen, das es woanders schon gibt.
Man hätte natürlich auch sagen können, wir fangen nur mit den ganz Jungen ab 1990 an. Aber ich wollte diesen historischen Bezug, weil er uns eine Antwort darauf gibt, woher wir kommen.
Diese ganze Aufbruchsstimmung in den 1970er-Jahren gehört ja bis heute ganz stark zu unserem Leben, man hat mit diesen Arbeiten also immer auch einen Bezug zu sich selbst.
Und warum gibt es in der Sammlung ausgerechnet so viel weibliche Kunst?
Was diese Künstlerinnen vereint, ist, dass sie hier zum ersten Mal kollektiv das Bild der Frau selbst bestimmt haben. Wenn Sie ins Kunsthistorische Museum gehen und sich die Bilder dort ansehen, da hängen jede Menge weibliche Abbilder. Aber das Bild all dieser Frauen wurde fast ausschließlich von Männern bestimmt, es ist also ihr Blick den wir hier sehen.
Heimische Haushalte können ihren Strom vom VERBUND beziehen. Warum hat sich das Unternehmen auf das Wagnis Kunst eingelassen?
Der Vorstand hatte seit jeher eine sehr interessierte Haltung gegenüber Kunst. Im Jahr 2004 wurde dann entschieden, das Ganze in professionelle Hände zu geben. Ausdrücklich wird die Entscheidung der Ankäufe unserem Advisory Board überlassen. Sowohl hier als auch bei der inhaltlichen Ausrichtung mischt sich der Vorstand nicht ein.
Auch die Arbeiten zu den Raum- und Architektur-Interventionen sind ja zum Teil sehr extrem. Kommen da nie Fragen?
Ja es kommen Fragen von Mitarbeitern. Das ist gut. Wir machen wöchentlich interne Führungen vor den Werken und diskutieren.
Hat sich das Ankaufsbudget seit Beginn der allgemeinen Wirtschaftskrise geändert?
Ja, durchaus. Bis 2008 hatten wir eine Million Euro im Jahr, jetzt sind es 500.000 Euro. Man muss damit leben. Von der Ausrichtung her hat sich allerdings nichts geändert und das ist das Wichtigste.
Die laufende Ausstellung ist in Salzburg zu sehen. Danach kommt „open spaces / secret places“ nach Wien. Was kann man sich unter diesem Thema vorstellen?
In dieser Ausstellung sollen räumliche Wahrnehmungen thematisiert werden. Durch bestimmte Veränderungen betreten Sie einen Ort und haben eine völlig neue Raumerfahrung. Das war in den 1970er-Jahren ein ganz wichtiger Ansatz von vielen Künstlern. So hat etwa der amerikanische Architekt und Konzeptkünstler Gordon Matta-Clark sehr oft in Abbruchhäusern gearbeitet. Er hat in Pariser Wohnhäusern große runde Öffnungen in Wände geschlagen, wo es vorher keine gab und dadurch völlig neue Raumsituationen geschaffen.
Das Erleben von Raum ist ein weites Feld, dem wir uns hier mit vielen verschiedenen Arbeiten widmen wollen.
Bei einer Firmen- oder Museumssammlung muss man strategisch vorgehen. Wenn ich mir hingegen privat ein Kunstwerk kaufe, soll es mir einfach gefallen und Freude machen.
Und wo findet man am besten geeignete Kunst für zu Hause?
In einer Galerie. Oder man lernt den Künstler selbst kennen. Oder das MUSA in der Nähe vom Rathaus in Wien, das ist eine Startgalerie und Artothek, wo man Bilder auch ausleihen kann.
Einfach hingehen und mit den Leuten sprechen, niemand braucht bei diesem Thema Berührungsängste zu haben.
Die SAMMLUNG VERBUND wurde 2004 gegründet. Sie ist eine Firmensammlung mit zeitgenössischer, internationaler Ausrichtung (derzeitiges Ankaufsbudget: 500.000 Euro pro Jahr). Gekauft wird Kunst von 1970 bis heute, Themenschwerpunkte sind Feministische Avantgarde, Performanz, sowie Orte und Räume. Leiterin der Sammlung ist Gabriele Schor, die zuvor unter anderem in der Tate Gallery in London arbeitete.In nur wenigen Jahren gelang es ihr durch Ankäufe, Ausstellungen und wissenschaftliche Publikationen, die Sammlung als ernst zu nehmende Institution zu positionieren (im Bild rechts eine Ausstellung 2010 in der Galleria Nazionale in Rom).
Zu den Highlights zählen Werke von Cindy Sherman, Francesca Woodman, Birgit Jürgenssen, Nan Goldin und Valie Export.
Kommende Ausstellungen in der öffentlich zugänglichen „Vertikalen Galerie“ im Stiegenaufgang der VERBUND-Zentrale (Am Hof 6a, 1010 Wien):
open spaces / sectret places. Werke aus der SAMMLUNG VERBUND
13. März – 29. Mai 2013
Francesca Woodman
Ausstellung und Buchpräsentation
23. Oktober 2013 – 3. März 2014
Österreichs führender Stromkonzern ist mehrheitlich im Staatsbesitz, notiert aber auch an der Börse. Das Hauptgeschäftsfeld ist die Stromerzeugung aus Wasserkraft. VERBUND gehören neben dem Hochspannungsnetz die großen Donaukraftwerke sowie die Speicherkraftwerke z. B. in den Hohen Tauern (Kaprun). Er beliefert im wesentlichen Großabnehmer aus der Industrie und die Landesenergieversorger. Seit einigen Jahren können Endkunden auch direkt von VERBUND Strom aus Wasserkraft beziehen. www.verbund.com