Der Krippenbauer
Von Ankica Nikolić
Geduld, es braucht extrem viel Geduld bis eine manchmal nur wenige Millimeter große Figur die richtige Form annimmt. Und davon hat Franz Oberschneider mehr als genug. Vor 23 Jahren hat der Osttiroler aus Matrei die Kunst des Schnitzens für sich entdeckt. In diesem Fall war die Berufswahl keine Bestimmung, sondern viel mehr eine glückliche Fügung. Der Klaubauf (Krampuslauf) ist in Matrei eine tief verwurzelte Tradition. „Als ich jünger war, wollte ich auch mitmachen, doch für eine Maske fehlte mir das Geld. Also habe ich versucht, mithilfe von befreundeten Bildhauern mir die Kunst des Holzschnitzens autodidaktisch anzueignen“, erklärt Oberschneider. Mittlerweile ist daraus sein Beruf geworden. Ursprünglich arbeitete der gelernte Maschinenschlosser damals noch für einen großen Konzern. Der Wunsch, dem tristen Arbeitsalltag zu entfliehen führte dazu, dass er schlussendlich den Bürosessel gegen die Holzbank getauscht hat. Und diese Entscheidung hat er bis heute nicht bereut. Im Jahr 1998 hat der Osttiroler damit begonnen, die traditionellen, zum Teil furchterregend Masken im Alleingang herzustellen: „Anfangs habe ich die Masken mitten in unserem Vorzimmer ausgestellt. Als die Sammlung dann immer größer geworden ist, haben wir den Stall neben unserem Haus zur Werkstatt umgebaut.“
Die grösste Krippe fertigte der Osttiroler für den Schönbrunner Weihnachtsmarkt an. Vier Meter lang, 1,60 Meter tief und 1,40 Meter hoch – misst die riesige Landschaft auf dem Platz vor dem Schloss. Insgesamt kamen über 220 Figuren zum Einsatz, diese wurden allerdings von mehreren Holzschnitzern aus Tirol gestaltet. Das Grundgerüst hat Franz Oberschneider umgesetzt und etwa vier bis fünf Monate dafür benötigt. „Wir sind seit vielen Jahren mit einem eigenen Stand am Weihnachtsmarkt vertreten. So ein gewaltiges Projekt umsetzen zu können, war eine schöne Aufgabe aber auch gleichzeitig die größte Herausforderung, der ich mich gestellt habe.“
Die Entstehung unterscheidet sich jedoch nicht wesentlich von der eines kleineren Modelles. Im Vorfeld muss man sich genau überlegen, welche Krippen-Art man umsetzen möchte. Hier gilt es zwischen einer abendländischen, einer alpenländischen und einer orientalischen Krippe zu unterscheiden. In Schönbrunn steht nun eine alpenländische Wurzelkrippe, diese Form ist der österreichischen Tradition und Kultur am nächsten. „Ursprünglich wollten wir eine Jahreskrippe gestalten, doch dafür hätten wir etwas mehr Platz benötigt.“
Das Materialdepot wird Anfang September noch einmal gesichtet und dann beginnen die einzelnen „Häusln“ an Form anzunehmen. Parallel zum Grundgerüst wird festgelegt, welche und wie viele Figuren verwendet werden – auch das beeinflusst die Gestaltung.
Bevorzugte Werkstoffe für die Figuren sind Lärche, Zirbe, Fichte, Berg-Ahorn oder Esche. Der Rohling wird zuerst vorgefräst, dann geschliffen und nachher von Hand mit Ölfarben bemalt und zum Schluss mit einer Schicht Acryllack versiegelt, damit die Farbe lange erhalten bleibt.
Wie lange Franz Oberschneider für eine Figur braucht, kann der Holzschnitzer zeitlich schwer definieren: „Es kommt darauf auf an wie viele Details ich bei der einzelnen Figur ausarbeite. So genau kann ich das nicht sagen, ich schaue bei der Arbeit nie auf die Uhr. Nachher muss es einfach schön sein, egal wie lange es gedauert hat.“ Ein zeitgemäßer Kontext spielt für ihn ebenfalls eine wichtige Rolle. So findet man in der Schönbrunner Weihnachtskrippe heuer auch Mutter Teresa als Figur.
Traditionelle Handwerkskunst ist kostbar. Umso schöner ist es ist, wenn man weiß, dass es nach wie vor noch ein paar Professionisten gibt, die diese für uns weiterführen.