Löffel, Gabel, Scher’ und Licht
Von Cordula Puchwein
Das klingt nicht wirklich appetitlich. Einst wurde in Kesseln – wir sprechen hier vom tiefsten Mittelalter und früher – alles Mögliche gekocht: Wasser, Suppen, Breie, Fleischgerichte, aber auch die dreckige Wäsche. Ob daher der Begriff Hexenkessel rührt? Wir wissen es nicht. Belegt ist hingegen, dass man – seitdem man Eisen, Kupfer, später auch Bronze bearbeiten konnte – Kessel gemacht hat. Diese standen entweder auf einem Dreibein im oder wurden mit einer Eisenkette über dem Feuer aufgehängt. Um den Kessel auch horizontal bewegen zu können, gab es Kesselschwingen, massive Drehbalken aus Holz, die an der Wand oder neben dem Herd befestigt waren. Damit hat man die schweren Gefäße vom Feuer weggezogen und das Essen in große, derbe Schüsseln geleert oder geschöpft. Da langte dann jeder gleich mit bloßen Händen zu. Fingerfood anno dazumal. Denn Essbesteck oder Essgeschirr, so viel weiß man von Ölgemälden und Überlieferungen, gab es bis Ende des 17. Jahrhundert kaum. "Gewöhnlich hatten nur die Vornehmsten eigene Schüsseln, Teller, Trinkbecher. Die anderen saßen paarweise und teilten sich ein Gedeck", berichtete der Philosoph Erasmus von Rotterdam. Mit Gedeck war dazumal das Messer und der Holzlöffel gemeint, beides hatten nur reiche Leute. Frauen verstauten das Duo in Köchern, die sie wie ein Schmuckstück um die Taille trugen. Das war schön anzusehen, doch die Hygiene ließ zu wünschen übrig. Löffel und Messer wurden lediglich abgeschleckt und eingesteckt.
Zurück zu den Basics. Das Messer ist der Urahne. Man benutzte es, aus Feuerstein gefertigt, schon im Paläolithikum – also vor gut zwei Millionen Jahren. In der Hallstattzeit wurde es bereits aus Eisen hergestellt. Auch der Löffel ist urzeitlichen Ursprungs, denn schon in der Bronzezeit wurden einfache Tonlöffel verwendet. Die Römer, kultiviert, wie sie waren, benutzten sogar Spezialbesteck wie ovale, zugespitzte "Laffe" zum Ausschaben von Eiern und Austern. Da hatte es die Gabel ungleich schwerer, sich einen Platz am Tisch zu erobern. Von Byzanz kommend, taucht sie erstmals im 11. Jahrhundert in Venedig auf – und wurde als Kuriosität kritisch beäugt. Vor allem der Klerus stufte die Gabel als Teufelswerk ein und ächtete sie – aber vermutlich nur deshalb, weil Kurtisanen sie zum Aufspießen von Konfekt benutzten. Gesellschaftlich tatsächlich durchzusetzen begann sich die Gabel – dann schon vierzinkig – erst im 18. Jahrhundert, und zwar gemeinsam mit Messer und Löffel als Essbesteck. Damit veränderten sich auch die Tischsitten zum Besseren. Lautes Rülpsen und Furzen als Ausdruck dafür, dass es gemundet hat, war dann nicht mehr angebracht. Dem Besteck sei dank.