"Das neue Sexy"
Von Ankica Nikolić
Über den Tellerrand schauen. Ein Satz der bei Jelitzka und Partner Immobilien (JPI) oberste Priorität hat. Daniel Jelitzka sitzt an der Spitze des Unternehmens und hat es sich zur Aufgabe gemacht Wohnen in all seinen Formen zu erforschen, zu entwickeln und Immobilien am Markt zu positionieren. Er ist Initiator des Ideenwettbewerbs Superscape, er ersetzt Markt- durch Grätzel-Berichte, er investiert in Hotels und konnte bisher 4000 Wohnungen vermieten und 1800 verkaufen.
Früher habe ich oft Kollegen oder Kunden nach ihren Wünschen gefragt. Die Antworten basierten meist auf Erfahrungswerten aus der Vergangenheit. Auch Bauträger planen oft das, was sich bewährt hat, doch keiner hat versucht nach vorne zu schauen, um zu sehen, wie sich die Bedingungen entwickeln könnten. Wir wollen am Puls der Zeit planen und Wohnbedürfnisse früh erkennen. Das ist eigentlich auch unser Job – in die Zukunft zu schauen.
Der Superscape Award von JPI ist also ein Art Forschungsinstrument für Sie?
In gewisser Weise ja. Das Preisgeld ist zweckungebunden und es ist keine Auftragsarbeit. Damit wir das Wohnverhalten von morgen erforschen können, bedarf es einer kompetenten Meinungsvielfalt und Auseinandersetzung. Mithilfe eines Wettbewerbs und einer breit aufgestellten Jury glauben wir eine gute Basis für einen Wettbewerb geschaffen zu haben, der uns das ermöglicht. Nur so können neue, spannende und auch visionäre Lösungsansätze entstehen, welche verschiedene Sichtweisen berücksichtigen.
Das größte Problem des Leerstands ist die Ideenlosigkeit der meisten Eigentümer. Wenn man mit einem guten Konzept in einer Innenstadt agiert, ist es ein Leichtes, ein Objekt nachhaltig zu bespielen. Unser Preis ging heuer der Frage nach, wie sich die Sphäre zwischen öffentlichem und privatem Raum im urbanen Kontext aufgrund soziokultureller, technologischer oder demografischer Entwicklungen verändern wird. Nachverdichtung ist im städtischen Raum unumgänglich. Heute geht es nicht nur mehr darum, die Tür aufzusperren und dem Kunden zu sagen: hereinspaziert.
Sondern?
Es geht darum, als Immobilienentwickler ein emotionales Gesamtpaket zu liefern, welches preislich attraktiv ist und dem Nutzer das Gefühl gibt, etwas Besonderes zu haben. Deshalb ist es uns wichtig, auch mithilfe des Superscape Awards der Architektur einen entsprechenden Stellenwert einzuräumen. Baukunst schafft Identität, schafft Vielfalt und erzeugt Individualität. Damit hält man eine Stadt lebendig.
Marktberichte passen nicht zu uns. Wir wurden oft gefragt wo wir selbst wohnen oder wo wir investieren würden? Auch zur Infrastruktur in bestimmten Wohngegenden wurden wir befragt – daraus entstand der Grätzelbericht. Eine Plattform für Orte mit Potenzial. Die Geschichten des aktuellen Berichts wurden nun erstmals verfilmt. Bei einem Kunden bleiben Anekdoten und Geschichten hängen und keine marktspezifischen Zahlen, Daten oder Fakten.
Welchen Stellenwert hat die Baukunst Ihrer Meinung nach bei der Kaufentscheidung?
Der Preis ist entscheidend. Bewege ich mich aber preislich in einem ähnlichen Umfeld, ist Architektur mitentscheidend, da sie Identität erzeugt. Danach sehnen sich die Menschen.
Mit dem „25 hours Hotel“ und dem „The Guest House“ haben Sie zwei Hotelprojekte in Wien realisiert. Wie passen Hotels zum klassischen Projektentwickler?
Ein Kunde, der eine Wohnung kaufen möchte, sehnt sich nach Verlässlichkeit und Emotionalität. Dasselbe gilt für einen Hotelgast. Überhaupt bin ich der Meinung, dass Wohlfühlen das neue Sexy ist. Ein Hotelzimmer ist die effizienteste und emotionalisierteste Form des Wohnens. Sämtliche Funktionen, die normalerweise auf 80 Quadratmeter Platz finden, müssen hier auf zwanzig untergebracht werden. Es stellt uns als Planer vor neue Herausforderungen.
Es wird noch ein Hotel geben, welches wir in Wien positionieren möchten. Und ich glaube, dass wir die Ersten sein werden, die das Thema „microliving“ konkret angehen werden. Der Suerscape Award 2016 wird sich eben diesem Thema widmen: Wie sinnvoll sind „microlofts“ und ist diese alternative Wohnform leistbar? Wie klein darf, und soll eine Wohnung sein? Und ich bin mir sicher, dass wir dazu ein Projekt mit Wohnungen zwischen 18 und 20 Quadratmeter umsetzen werden können.
Die Entwicklung geht also in Richtung enge Wohnräume wie etwa in Tokio?
Das innerstädtische Wohnen wird immer teurer und man muss aufpassen, dass etwa der 1. Bezirk nicht nur zum Eigentumsbezirk wird. Verkleinere ich die Quadratmeter, kann ich leistbaren Wohnraum auch im innerstädtischen Bereich schaffen. Generell denke ich, dass die neue Form des Besitzens auch Sharing sein wird. Man wird künftig beim Wohnen Flächen teilen und gemeinsam nutzen. Ob es wirklich dazu kommt, dass wir alle in Innenstädten in Kleinst-Einheiten wohnen werden bezweifle ich. Die Vielfalt der Wohnungstypen steht für Individualität und damit für die Qualität einer Stadt. Daher möchte ich das Konzept der intelligenten Mini-Wohnungen gerne einmal probieren.