Architekturtage 2016: Baukultur zum Angreifen
Von Mario Kopf
Die Wege des Alltags führen einen immer wieder an denselben Gebäuden vorbei, bis man sie irgendwann für selbstverständlich hält. Dabei ist es die Gestaltung dieser Bauten, die unsere Städte und Orte prägen. "Der Einfluss, den die Qualität dieser Umwelt auf die Qualität des Lebens hat, ist offensichtlich", sagt Georg Pendl, Präsident des Vereins Architekturtage. Österreichs größte Veranstaltung für Baukultur, die alle zwei Jahre von den Architekturhäusern der Bundesländer gestaltet wird, möchte dieses Bewusstsein auch heuer wecken. Und unter dem Titel "wert/haltung" die Frage aufwerfen, was Architektur leistet und ob sich die Gesellschaft genug davon gönnt.
Das Programm ist dabei äußerst umfassend: Angeboten werden zum Beispiel Exkursionen zu außergewöhnlichen Gebäuden oder in Stadtentwicklungsgebiete wie z. B. das Viertel Zwei, das Sonnwendviertel oder die Seestadt Aspern in Wien. In Kärnten lädt eine tagesfüllende Radtour mit Schiffsfahrt dazu ein, sich am Ossiacher See mit der Thematik "Bauen am Wasser" auseinanderzusetzen: Architekten und Bauherren geben einen Einblick in ihr Schaffen und ihre Ideen. Der Ausklang findet im Steinhaus von Günther Domenig statt, das zudem mit einer Videorauminstallation aufwartet.
Viele Touren können aber auch zu Fuß absolviert werden: Ein Spaziergang in Salzburg erkundet die Frage, wie Flüchtlinge die Stadt wahrnehmen. Treffpunkt ist die Riedenburgkaserne, die als kreatives Zentrum für den Veranstaltungszeitraum fungiert. Auch in Bratislava und Umgebung präsentieren Fachleute beispielhafte Wohn- und Bildungsbauten.
Auf die Suche nach literarischen Räumen begibt sich "Reading the City" in Graz, die Baukultur an der Steirischen Eisenstraße wird ebenso besichtigt wie Pfarrräume, die als Quartier für Asylwerber dienen. Soziale Fragen sind heuer präsent, etwa auch jene nach dem Aussterben von Ortskernen. In Vorarlberg zeigen fünf Gemeinden, wie sie ihr Zentrum erneuern: Von Kulturevents in Lauterach bis zu Nutzgärten in Rankweil. Das flächengrößte Bundesland Niederösterreich konzentriert sich auf Krems: Themen wie Leerstand werden ebenso "ergangen" wie die Zukunft der Stadt diskutiert.
Innsbruck hingegen hat die Pioniereinrichtung bilding, eine Kunst- und Architekturschule, zum Pavillon umfunktioniert, wo unter anderem eine Holzwerkstatt zum Besuch bittet. Auch andere Tiroler Gemeinden wie Fließ, Aldrans oder Stams bieten Veranstaltungen an.
Zu Besichtigen gibt es nicht nur Orte, Gebäude und die Arbeitsplätze von zahlreichen Architekten, die ihr Studio öffnen, sondern auch Ausstellungen: In Eisenstadt zeigt "The Real Good Stuff", wie regionale Baumaterialien – von Sandstein bis Schilf – innovativ angewendet werden. Ebenso lohnenswert ist ein Besuch des architekturforums oberösterreich in Linz, das drei Ausstellungen zeigt und dazu einlädt, ein Planungsbüro auf vier Rädern fertigzubauen.
Die Teilnahme an den meisten Veranstaltungen ist kostenlos, einige Plätze sind jedoch limitiert. Weitere Informationen und Möglichkeiten zur Anmeldung auf www.architekturtage.at