Nachhaltig und selbst gebaut – die "Transition Base" in der Seestadt erforscht ökologische Wohn- und Lebensformen. IMMO hat dem Projekt und seinen Mitgliedern einen Besuch abgestattet.
Auf dem Baum mit saftig grünen Blättern hängen noch saftiger aussehende Ringlotten. "Die würde ich aber eher nicht essen, manchmal sind sie wurmig. Der andere Baum hat bessere." David Marek zeigt in Richtung Garten. Dort sprießen gerade die Zucchinipflanzen neben den Stechäpfeln aus dem Boden. "Die können wir teilweise gar nicht auseinanderhalten", sagt er, während er nach einer reifen Zucchini sucht. Eine warme Brise weht durch den Permakulturgarten, der Himmel ist blau und aus allen Ecken ertönen Vogelgezwitscher und Grillenzirpen. "Kommt, ich geb’ euch eine Führung."
Das erste Gebäude, auf das wir bei unserem Rundgang treffen, ist das Kettenlinienhaus. Genutzt als Gemeinschaftsraum wurde es 2011 im Rahmen des "greenskills"-Lehrgangs errichtet – ein Workshop, in dem die Mitglieder der "Transition Base" (kurz: "T-Base") die nötige Theorie und Praxis für den nachhaltigen Selbstbau erlernt haben.
Seinen Namen hat das Gebäude aufgrund seiner Form, die einer gespiegelten, herunterhängenden Halskette entspricht. Zusätzlich verfügt es über Strom und Wasser. In der Theorie könnte man sogar darin wohnen – in der Praxis jedoch nicht. Wie der Name des Projekts schon sagt, handelt es sich bei der "Transition Base" weniger um ein Ökodorf, sondern um den Übergang zu eben jenem. Es ist sozusagen ein Versuchslabor für alternative Lebensformen. Das Areal ist kein gewidmeter Baugrund und die Gebäude dienen ausschließlich der Erforschung von neuen Wohnräumen. Die provisorischen Bauten wechseln deshalb auch stetig. Wichtig bei allen ist jedoch, dass nachhaltig und ökologisch gebaut wird. Auch das Kettenlinienhaus wurde mit natürlichen Ressourcen errichtet. "Die Wände bestehen aus Strohlehm, den wir für den Bau selber hergestellt haben", erklärt Marek. Der Initiator des Projekts zeigt uns auch gleich, wie das funktioniert. Barfuß und mit Hut am Kopf steigt er in die schwarze Plastikwanne und beginnt die Mischung aus Stroh und Lehm zu stampfen. "Das geht ganz schön in die Wadln."
Er selbst hat vor einigen Jahren am "Pioneers of Change"-Lehrgang mit vier seiner Kollegen teilgenommen. Diese Ausbildung hat ihm das nötige Know-how vermittelt, um anschließend den Verein United Creations zu gründen, von dem die "Transition Base" ein Teil ist. "Wir wollen die Frage beantworten: Was braucht man wirklich für ein gutes Leben?", erklärt er.
Bei der nächsten Station erfahren wir, dass nicht nur Strohlehm zum Bauen verwendet wurde. Die Wände der Küche, die sich momentan noch im Aufbau befindet, wurden für zusätzlichen Schutz und zur Dämmung auch aus Hanfbeton angefertigt. Zurzeit verwenden die Mitglieder noch eine provisorische Kochgelegenheit in einem Container. Sobald die eigentliche Küche jedoch fertig ist, wird auch hier auf die selbst gebaute Variante umgestiegen.
Was einem auf dem Gelände außerdem noch sofort ins Auge fällt, ist die Schwitzhütte neben dem Lagerfeuerplatz. "Einmal im Monat kommt ein echter Schamane, der ein traditionelles Ritual abhält. Das dauert den ganzen Tag", erklärt der Mittdreißiger. Die halbkugelförmige Konstruktion besteht aus einem Holzstabgerüst, das mit Decken und Tüchern abgedichtet wird und bis zu 30 Personen beherbergen kann.
Wenige Meter davon entfernt trifft man auf einen alten Eisenbahnwagen. "Früher wurde der Waggon beim Zirkus verwendet", sagt Marek. Heute dient er als Büro für ihn und seine Kollegen. Er führt uns weiter, an der Trockentrenn-Toilette, einer selbst gebaute Sanitäranlage, in der Fäkalien getrennt entsorgt werden, und dem ehemaligen Biomeiler vorbei – ein natürlicher Durchlauferhitzer, der Wasser mithilfe von Kompostierung auf bis zu 70 Grad erhitzen kann.
Direkt hinter dem mittlerweile überwachsenen Holzhaufen steht die Q-Box. Sie ist ein weiterer Prototyp, dessen Grundgerüst aus einem Containerrahmen besteht und zusätzlich mit natürlichen Rohstoffen zu einem Wohnraum umfunktioniert wurde. "Die Metallstreben vom Gerüst kann man auseinanderbauen und die Box einfach woanders aufstellen", schildert Marek.
Das letzte Gebäude, das er uns zeigt, ist das erste, das errichtet wurde – die mongolische Jurte. In der Mitte des Areals gelegen, bildet sie sozusagen das Herzstück und wird, ähnlich wie das Kettenlinienhaus, als Gemeinschafts- und Seminarraum genutzt. Unter der schwarzen Zeltplane wurde auch der erste "greenskills"-Lehrgang Anfang 2011 abgehalten. Bei Bedarf kann man die Jurte auch als Schlafplatz benutzen.
Wir beenden unsere Tour am Eingang, wo einige Holzpflöcke in der Erde stecken und einen neuen Bauplatz kennzeichnen. "Ich hoffe, es hat euch bei uns gefallen. In nächster Zeit wird sich hier sehr viel verändern", erklärt der Projekt-Leiter. Da wo wir stehen, soll bald ein Gebäude-Prototyp namens "BAUS! das grüne SelbstBauHaus" errichtet werden. Außerdem soll das Gelände jeden Samstag für Besucher zugänglich sein, um sich über die Forschungsprojekte zu informieren. Gemeinschaftliche Informationsabende und Tafeln mit QR-Code zu jedem Projekt sind bereits in Planung. Marek: "Wir wollen den Leuten ermöglichen, sich ein Bild von dem Projekt zu machen." Vielleicht stellen sich Besucher dann auch die Frage: Was braucht man wirklich für ein gutes Leben? Die "T-Base" will das beantworten.
Text: Isabella Radich, Fotos: Flora Mayrhofer und Jeff Mangione