Wissen/Wissenschaft

Wiener Forschungsteam macht Tiere durchsichtig

Wissenschafter haben ein neues Verfahren entwickelt, mit dem Tiere nahezu zur Gänze durchleuchtet werden können. Das Wiener Team hat einen Weg gefunden, das Gewebe auf eine Weise durchsichtig zu machen, dass mit einem speziellen Mikroskop dann großflächig in den Körper geblickt werden kann. Bisher war das nur bei wenigen Gewebearten möglich, heißt es im Fachblatt Science Advances.

Um herauszufinden, was sich im Inneren von Tieren abspielt, mussten diese meistens seziert und dann beispielsweise das Netz der Nervenzellen Scheibe für Scheibe unter dem Mikroskop analysiert werden. Dabei lief man aber Gefahr, dass wichtige Zusammenhänge verloren gehen, wie die Technische Universität (TU) Wien am Dienstag in einer Aussendung mitteilte. Ein anderer Weg besteht darin, Gewebe durchsichtig zu machen, dann bestimmte Zelltypen mit Farbstoffen zu markieren, die bei Lichtbestrahlung leuchten, und sie so mit einem sogenannten Ultramikroskop zu beobachten. Diese von Wissenschaftern als "Klären" bezeichnete chemische Methode funktioniert bisher beispielsweise nur bei Mäusegehirnen oder Fruchtfliegen.

Klärmethode verbessert

Das Team um Wissenschafter von der TU Wien, vom Center for Brain Research (CBR) der Medizinischen Universität (MedUni) Wien, von den Max Perutz Labs (MFPL) der Uni Wien und der MedUni Wien sowie vom Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) hat die Klärmethode jetzt derart verbessert, dass verschiedene Tiere in voller Länge transparent gemacht werden können. Dann kann das Laserlicht ins Gewebe eindringen und das Innere wird sichtbar.

Damit das funktioniert, müssen die Farbstoffe (Pigmente) im Körper abgebaut werden. Die Forscher erkannten im Verlauf der Arbeit, "dass man das mit einer geschickt gewählten Kombination von Chemikalien in recht kurzer Zeit erreichen kann, und zwar bei einer Vielzahl unterschiedlicher Tierarten", so Marko Pende vom Institut für Festkörperelektronik der TU. Gezeigt hat das Team das in der Arbeit u.a. schon bei Mäusen, Zebrafischen, dem Axolotl oder Mollusken. Die Wissenschafter gehen davon aus, dass sich diese Liste noch erweitern lässt.

In der Folge können dann mit fluoreszierenden Molekülen verschiedene Strukturen im Körper gezielt markiert werden. Werden diese im Zuge der Ultramikroskopie, bei der Gewebe jeweils in dünnen Abschnitten mit Laserlicht durchleuchtet und die aufgenommenen Bilder dann zusammengesetzt werden, vom Licht getroffen, leuchten sie auf. So kann ein detailreiches 3D-Bild erstellt werden, auf dem etwa Teile des Nervensystems klar hervorgehoben sind. Es sei aber auch möglich, etwa genetische Abläufe sichtbar zu machen, indem man etwa bestimmte Erbgut-Abschnitte markiert. "Diese Vielfalt an Möglichkeiten gab es bisher nicht. Die Bandbreite an möglichen Anwendungen unserer Methode ist unvergleichlich groß", sagte MFPL-Forscher Florian Raible.

"Wir können mit unserer Methode nun ganze Zell-Netzwerke im Tier aufleuchten lassen und dreidimensional abbilden", so Pende, der davon ausgeht, dass es sich hier um eine "neue, extrem mächtige Untersuchungsmethode" handelt: "Wir sind überzeugt davon, dass man dadurch in der biologischen Forschung wichtige Fragen beantworten kann, die sich bisher nicht präzise untersuchen ließen."