Nicht nur Menschen sprechen Babysprache
In der sozialen Interaktion zwischen Eltern und Kinder kommt häufig Babysprache zum Einsatz. Diese "motherese" spielt eine entscheidende Rolle beim Spracherwerb von Kleinkindern. Deutsche Forscherinnen des Museums für Naturkunde Berlin haben nun Vergleichbares in Fledermausrufen herausgehört. Sie entdeckten, dass die Weibchen der Großen Sackflügelfledermaus Saccopteryx bilineata die Klangfarbe der Stimme veränderten, je nachdem, ob sie ihre Lautäußerungen an ihre Jungtiere oder einen erwachsenen Artgenossen richteten. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift "Frontiers in Ecology and Evolution" veröffentlicht.
Babysprache bei Menschen
Wenn Eltern mit ihren Babys sprechen, verwenden sie eine hohe Stimmlage, ein langsameres Sprechtempo und eine klarer Aussprache. Darüber hinaus verändert sich auch konsequent die Klangfarbe der elterlichen Stimme, je nachdem ob Eltern mit ihrem Kind oder einem anderen Erwachsenen sprechen. Durch die akustischen Merkmale von „motherese“ können Kleinkinder einfacher erkennen, wo ein Wort anfängt und wo es aufhört. Außerdem führt die spezielle Klangfarbe und Tonlage von „motherese“ zu einer gesteigerten Aufmerksamkeit beim Kind.
Vögel, Affen - Fledermäuse
Im Tierreich wurden vergleichbare Phänomen bisher nur bei zwei Arten beschrieben, nämlich bei Zebrafinken und bei Totenkopfäffchen. Jetzt zeigte es sich auch bei den fliegenden Säugetieren:
Ton-Aufnahmen von Wildtieren
Fernandez und Mirjam Knörnschild untersuchten an Jungtiere gerichtete Lautäußerungen von Weibchen der Großen Sackflügelfledermaus Saccopteryx bilineata. Fernandez beobachtete wilde Fledermauskolonien in Costa Rica und Panama und nahm Lautäußerungen von erwachsenen Weibchen auf. Diese waren entweder an ihre eigenen Jungtiere oder an andere erwachsene Artgenossen gerichtet. Sie verwendete eine analytische Methode, die ursprünglich für menschliche Stimmerkennung entwickelt wurde, um sogenannte „akustische Merkmale“ einer Stimme zu extrahieren. Diese Merkmale erfassen sowohl gängige akustische Parameter wie zum Beispiel die Tonhöhe, aber auch die Klangfarbe einer Stimme.
Beim Grüßen und Brabbeln
Die Analyse zeigte, dass sich - genau wie beim Menschen - der Klang der Stimme der Fledermausweibchen konsequent veränderte, je nachdem, ob sie sich an ihre Jungtiere oder an erwachsene Artgenossen richteten. Es ist noch ungeklärt, was die genaue Funktion dieser Jungtier-gerichteten Lautäußerungen ist: Einerseits treten sie auf, wenn Mutter und Jungtier sich nach einer Trennung wieder vereinen. Andererseits werden sie auch produziert, während die Jungtiere damit beschäftigt sind, Lautäußerungen zu üben – ein Verhalten welches dem kanonischen Babbeln von Kleinkindern sehr ähnlich ist. Fernandez dazu: "Es wäre denkbar, dass diese Jungtier-gerichteten Lautäußerungen eine ähnliche Funktion haben wie motherese bei Kleinkindern: ein allgemeines positives Feedback für Jungtiere während ihrer Babbel-Übungen."