Vorbild Grashüpfer: Wie man Kunststoff zum Springen bringt
Als Tayler Hebner und Joselle McCracken vor einiger Zeit begannen, mit elastischen, verformbaren Kunststoff - sogenannten Flüssigkristall-Elastomeren - zu experimentierten, staunten die US-Chemiker nicht schlecht. Eigentlich wollten sie nur wissen, was wechselnde Temperaturen mit dem Kunststoff machen. „Wir beobachteten also das Flüssigkristall-Elastomer auf der Heizplatte und fragten uns, warum es nicht die von uns erwartete Form annahm. Plötzlich sprang es vom Prüfstand auf die Arbeitsplatte“, sagt Hebner. „Wir haben uns beide nur verwirrt angeschaut“.
Heute können die Ingenieure der University of Colorado Boulder im Wissenschaftsmagazin Science Advances bekannt geben, dass sie eine neue, gummiartige Folie entwickelt haben, die wie ein Grashüpfer hoch in die Luft springen kann – ganz von allein und ohne Zutun von außen. Das einzige, was man tun muss: Das Material erhitzen.
"Weiche Roboter"
Die Forscher sind überzeugt, dass diese und ähnliche Materialien eines Tages dazu beitragen könnten, „weiche Roboter“ – solche, die keine Zahnräder oder andere harte Komponenten benötigen, um sich zu bewegen – zum Springen oder Heben einzusetzen.
Wie in der Natur
Der Kunststoff reagierte ein wenig so, wie Heuschrecken springen, indem sie Energie in ihren Beinen speichern und wieder freisetzen, erklärt Studienmitautor Timothy White, Professor für Chemie- und Bioingenieurwesen an der CU Boulder. „Wir versuchen, synthetische Materialien zu schaffen, die diese natürlichen Eigenschaften nachahmen“.
Mit der Grashüfer-Folie ist das bereits ganz gut gelungen: Der erhitzte Kunststoff begann sie sich zu verformen und bildete einen Kegel, der sich aufrichtete, bis er plötzlich und explosionsartig nach außen kippte und das Material in nur 6 Millisekunden auf eine Höhe schoss, die fast dem 200-fachen seiner eigenen Größe entsprach. Dieselbe Folie kann übrigens auch mehrmals hüpfen, ohne zu verschleißen. Die Forscher können ihren Kunststoff genauso verändern, dass er hüpft, wenn er erkaltet. Und wenn man der Folie Beine gibt, kann man sie sogar in eine bestimmte Richtung springen lassen.
Whites Fazit: Das Projekt zeige, wozu Materialien in der Lage sein können – nämlich eine beeindruckende Menge elastischer Energie zu speichern und sie dann auf einen Schlag freizugeben.